Größte Klinik am Gaza-Streifen evakuiert

Das Shifa-Krankenhaus wurde gestern geräumt. Foto: AFP
Das Shifa-Krankenhaus wurde gestern geräumt. Foto: AFP

Patienten, Personal und Vertriebene haben gestern in großer Zahl das Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen verlassen. Zurück blieb nur eine Notbesetzung, die sich um die Kranken ­kümmerte, die nicht ­transportfähig waren.

In der größten Klinik des Gazastreifens befänden sich nur noch 32 Frühgeborene und 126 Verletzte, die sich nicht selbst in Sicherheit bringen könnten, sagte die palästinensische Gesundheitsministerin Mai al-Kaila gestern vor Journalisten in Ramallah im Westjordanland. Die „zurückgelassenen“ Patienten müssten nun in andere Kliniken verlegt werden, entweder nach Ägypten oder ins Westjordanland, forderte die Ministerin. Nach der Evakuierung seien nur noch fünf Ärzte in dem Krankenhaus verblieben.

Umstände der Räumung unklar

Die genauen Umstände der weitgehenden Evakuierung gestern blieben zunächst unklar: Nach palästinensischen Angaben wurden Patienten, Schutzsuchende und Mitarbeiter am Morgen gezwungen, die Klinik innerhalb einer Stunde zu verlassen. Israels Armee hingegen erklärte, zu keinem Zeitpunkt die Evakuierung von Patienten oder medizinischem Personal angeordnet zu haben. Die Ausweitung der Evakuierung geschehe auf Wunsch des Klinik-Direktors, erklärte das Militär. Die israelische Armee sagte, es gehe darum, weiteren Menschen, die zunächst in der Klinik Schutz gesucht hätten, die Evakuierung zu ermöglichen und „dies über den sicheren Weg zu tun“. Das Militär bot nach eigenen Angaben auch an, die Evakuierung von Patienten zu ermöglichen. Die Armee veröffentlichte auch einen Mitschnitt, der den Angaben zufolge aus einem Telefonat zwischen einem Vertreter Israels und dem nicht namentlich genannten Direktor der Schifa-Klinik stammte. Darin sagt dieser, medizinische Teams hätten das Krankenhaus verlassen und er habe keine Kontrolle über deren Entscheidung. Letztlich wolle er, dass auch alle Patienten die Klinik verließen.

„Abscheuliches Verbrechen“

Gesundheitsministerin Al-Kaila sagte, die Klinik sei von den Israelis in einen Militärstützpunkt umgewandelt worden. Was Krankenhäusern, Ärzten und Patienten im Gazastreifen widerfahre, sei ein abscheuliches Verbrechen und ein „Völkermord am gesamten Gesundheitssektor“. Das Außenministerium im Westjordanland bezeichnete die Evakuierung der Klinik als „ethnische Säuberung“.