„Irgendwann ist man nur noch Passagier“

„Es ist pervers, wenn man wegen Corona ­Konkurs anmeldet – und beim Konkurs nicht dabei sein darf, weil man eingesperrt wird.“Andreas Meusburger musste während des ­Konkursverfahrens in Quarantäne

„Es ist pervers, wenn man wegen Corona ­Konkurs anmeldet – und beim Konkurs nicht dabei sein darf, weil man eingesperrt wird.“

Andreas Meusburger musste während des ­
Konkursverfahrens in Quarantäne

Messe-Caterer Andreas Meusburger schildert in W&W exklusiv, wie es während der Corona­pandemie zum Konkurs der erfolgreichen „Wäldar Partycrew OG“ gekommen ist und findet dabei klare Worte in ­Richtung Politik und Interessensvertreter.

WANN & WO: Mit ihrem Catering, den Spar-Märkten und der „Wäldar Partycrew“ waren Sie 30 Jahre lang als Unternehmer erfolgreich. Dann kam die Pandemie – und Sie schlitterten in eine Millionenpleite. Wie kam es dazu?

Andreas Meusburger: Als es losging, hatten wir volle Auftragsbücher und waren auch schon in Vorbereitung auf die Frühjahrsmesse. Dann kam der Lockdown, drei Monate lang durften wir gar nichts mehr machen. Als es wieder startete, erwirtschafteten wir unseren Ertrag aus der Gastro, im ersten Jahr hatten wir nur etwa 14 Prozent des regulären Umsatzes, auch zuletzt lagen wir etwa in der Größenordnung. Die Herbstmesse war für uns dann auch der Knackpunkt. Da hatten wir nur zehn Prozent vom üblichen Umsatz, waren aber mit 140 Leuten im Einsatz. Dementsprechend mussten wir 120.000 Euro aus dem eigenen Sack draufzahlen. Die Messe war ein totaler Flopp, man wollte sie aber unbedingt durchziehen. Es wäre besser gewesen, man hätte sie gleich abgesagt. Die Politik hat hier völlig versagt.

WANN & WO: Wie sah es mit den staatlichen Förderungen aus?

Andreas Meusburger: Die haben wir genau für einen Monat erhalten. Ich hatte davor die „Partycrew“, die Spar-Märkte und das Catering. Im November 2019 haben wir uns nach ewigem Hin und Her entschlossen, alles unter einer Firma zusammenzufassen. Das schien erst ein gute Idee zu sein, allerdings hatten wir dadurch keinen Vorjahresumsatz – in allen drei Firmen nicht. Den November haben wir noch bekommen, das war’s. Nach dem ersten Lockdown haben wir dann den „Löwen“ übernommen. Damals dachte ich mir: Ok, das ist vielleicht ein Standbein für uns, etwas für meinen Sohn, da können wir uns was aufbauen. Ganz egal, was noch kommt. Natürlich haben wir hier auch kein Geld bekommen und nach drei Monaten mussten wir wieder zusperren. Schlussendlich verloren wir im vergangenen Jahr dann noch die Trafik in einem Spar-Markt und ein Sturm zerstörte eines unserer Zelte und schleuderte es auf ein Auto. Es kam alles zusammen, was zusammenkommen kann.

WANN & WO: Wie kamen Sie zu Beginn noch über die Runden?

Andreas Meusburger: Wir hatten Kurzarbeit. Das ging für uns vier oder fünf Monate, aber nicht zwei Jahre. Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind da ja nicht drin. In unserem Fall waren das 180.000 Euro Urlaubsgeld für alle 50 Angestellten. Das muss man auftreiben. Ich habe mein komplettes Privatvermögen in die Firma gesteckt, habe zwei Jahre lang darum gekämpft, alles versucht. Da habe ich 30 Jahre lang was aufgebaut – und dann fällt mir das so zusammen. Alles, was ich in meinem Leben verdient habe, habe ich in die Firma gesteckt – von der Wohnung über Aktien bis zur Lebensversicherung. Es ist einfach alles weg. Am Ende des Tages wird man mir deshalb einen Privatkonkurs auch noch anhängen. Ab einem gewissen Punkt ist man nur noch Passagier in der Situation.

WANN & WO: Gab es keine Hilfe seitens der Politik?

Andreas Meusburger: Uns wurden verschiedene Umsatzersatz-Modelle vorgelegt. Doch die Firmenzusammenlegung war unser Pech. Die Spar-Märkte sind gut gelaufen, da hatten wir ein Umsatzplus. Im Ertrag ist so ein Handel nicht gut, aber er macht Umsatz. Habe ich da zehn oder zwölf Prozent Umsatzplus, bekomme ich für den anderen Bereich gar nichts. Und da dachte ich mir: Es kann doch nicht sein, dass wir wieder durch alle Roste fallen. Und doch war es so. Wir waren mit der Landesregierung und der Wirtschaftskammer in Kontakt, haben mit Marco Tittler persönlich gesprochen, uns mit Hans-Peter Metzler in Verbindung gesetzt. Und ich habe 1000-Mal gehört: Also so ein Pech wie du hast, so ein blöder Fall. Mit solchen Aussagen kann man sich das „Füdla abputza“, sonst gar nichts. Und eines ist auch total pervers: Kürzlich habe ich vom Finanzamt ein Schreiben erhalten. Uns würde ein Fixkostenzuschuss zustehen. Das tut er nun aber natürlich nicht mehr, weil wir schon Konkurs angemeldet haben. Und dann kam das unrühmliche Ende: Zum Schluss wurden die Spar-Märkte geräumt. Dem Personal durften wir bis zum letzten Tag nichts sagen. Die haben dann am Dienstag erfahren, dass am Mittwoch zu ist. Wir saßen hier im „Löwen“ im oberen Stock, vor mir 45 Frauen und alle weinten. Viele, die ich schon seit 25 Jahren kenne, die Teil der Familie sind. Von vielen Kunden und Lieferanten konnte ich mich gar nicht mehr verabschieden. Das war sehr schlimm. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei allen bedanken.

WANN & WO: Ein Blick in die Zukunft: Wie geht es weiter?

Andreas Meusburger: Mein Sohn Tim hat eine Catering-Firma gegründet und den „Löwen“ in Egg übernommen. Gemeinsam mit meiner Frau betreibe ich im „Ochsen“ zudem ein Bierlokal mit kleiner Vinothek. Wir werden weiterhin Catering machen und auch Zeltfeste organisieren, sollten irgendwann mal wieder welche stattfinden. Jetzt werden wieder einige sagen: Ja, dann macht er ja eh noch was. Aber ich muss ja weiterleben, ich habe ja keine Einnahmen mehr. Irgendwie muss ich ja wieder auf die Beine kommen. Ich bin von Natur aus ein überoptimistischer Mensch und irgendwie muss es ja auch weitergehen. „Ufgea tuat ma nur an Brief“.

WANN & WO: Wie haben Sie den Umgang mit der Event- und Gastro-Szene allgemein wahrgenommen?

Andreas Meusburger: Man muss es ganz klar sagen: Die Eventgastronomie hat man einfach gef*ckt. Man ließ einfach alle im Regen stehen. Die Nachtgastronomen tun mir ja noch mehr leid. Es ist unglaublich, wie man mit denen umgeht. Überall darf man aufeinander hupfen, es gibt Fußballmatches mit 60.000 Leuten, aber in einer Disco soll man nicht nebeneinanderstehen. Obwohl man 2G und 3G und Masken und beim Hineingehen alles erfüllt. Wir haben ja aber auch keine Lobby. Für mich ist da auch die Wirtschaftskammer schwach. Die haben nichts für uns getan. Im Fernsehen stehen und daherreden: Wir kämpfen für euch, unterstützen euch … davon haben wir nichts gemerkt. Ein Sager vom Kurz im Fernsehen wird mich wohl auch mein Leben lang verfolgen: „Jedem wird geholfen, keiner wird im Stich gelassen.“ In meiner Situation gilt da wohl: Ich gehöre nicht zu „jedem“ und auch nicht zu ­„keinem“.

WANN & WO: Ein Schlussgedanke?

Andreas Meusburger: Mir fehlt weitgehend die Kritik in den Medien, was das Thema angeht. Warum steht nicht einmal einer hin und sagt: He, das ist doch Scheiße, was ihr da jetzt macht! Ich bin kein Corona-Leugner. Dass es diese Krankheit gibt, ist eine Tatsache. Ich hatte sie selbst. Genau zum Ende hin, wo alles zusammengebrochen ist, ist auch mein Körper zusammengebrochen, hat einfach nicht mehr mitgespielt. Und dann hat es uns in der Familie der Reihe nach erwischt. Und genau in der Zeit, in der wir den Konkurs anmelden mussten, musste ich in Quarantäne. Das ist richtig pervers, wenn man wegen Corona Konkurs anmeldet – und beim Konkurs gar nicht dabei sein darf, weil man eingesperrt wird. Da fragt man sich dann schon: Womit habe ich das verdient? Und mit der Omikron-Variante ist es nun an der Zeit, dass sich etwas ändert. Es braucht ein Umdenken: Bis jetzt haben alle die Vorgaben geschluckt – aber jetzt ist fertig. Auch die Berichterstattung: Irgendein Politiker hat Corona. Das interessiert doch wirklich keinen Menschen. Wir haben Corona, uns hat man das Leben kaputt gemacht!

<p class="caption">W&W traf Andreas Meusburger (re.) und Sohn Tim im Löwen in Egg zum Gespräch.</p>

W&W traf Andreas Meusburger (re.) und Sohn Tim im Löwen in Egg zum Gespräch.

„Da habe ich 30 Jahre lang was aufgebaut – und dann fällt mir das so zusammen. Alles, was ich in meinem Leben verdient habe, ist einfach weg.“ Andreas Meusburger über seinen Kampf, die Firma zu retten.