„Ich wollte es einfach wissen!“

Ina Wolf mit Hündin „Luna“ im Garten ihres Hauses in Wolfurt.

Ina Wolf mit Hündin „Luna“ im Garten ihres Hauses in Wolfurt.

Ina Wolf ist die einzige Vorarlbergerin, die einen Nummer eins Hit in den USA landen konnte. „Sara“ hielt sich ganze 20 Wochen an der Spitze der Charts. Mit W&W sprach sie über Erdbeben, wie es ist, einen Welthit zu schreiben und warum sie gerne einmal eine ­„wilde Henne“ genannt werden würde.

WANN & WO: Frau Wolf, Sie wussten schon sehr früh, dass Sie Sängerin werden wollten. Woher kommt die Liebe zur Musik?

Ina Wolf: Das stimmt, es gab nie Zweifel an dem, was ich machen wollte. Meine Eltern haben mit­einander musiziert und sind ­zusammen aufgetreten. Ich habe mit meiner Mutter schon die „zweite Stimme“ geübt, obwohl ich kaum sprechen konnte. So hat alles angefangen. Später habe ich im Musisch/Pädagogischen Gymnasium in Feldkirch maturiert und bin nach Innsbruck gegangen, um an der Universität Oper zu studieren. Tatsächlich bin ich aber immer mehr Richtung Pop/Rock gedriftet, habe überall ein bisschen hineingeschnuppert. Dann bin ich nach Wien gezogen.

WANN & WO: Sie waren in Wien Mitte der 1970er Jahre Teil einer neuen, jungen Musikszene, der namhafte Künstler angehörten (u.a. Ambros, Fendrich). Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Ina Wolf: Nun, das waren wunderschöne, unvergessliche aber auch turbulente Jahre. Evamaria Kaiser hat damals die Austro-Pop ­Szene ins Leben gerufen. Da waren Rainhard Fendrich, Wolfgang Ambros, Peter Cornelius, Marianne Mendt, Erika Pluhar und Andre Heller. Es sind Freundschaften entstanden, die sich über die Jahre aber leider wieder verlaufen haben. Mit Fendrich hatte ich am ­längsten Kontakt. Man musste damals schon schauen, wo man bleibt. Es waren magere Jahre dabei, da gab es dann viel Kartoffelgulasch (lacht). Ich habe zu dieser Zeit viel Werbung gesungen, um mir meine Brötchen zu verdienen, war vielseitig unterwegs. Es ging einfach darum, Jobs zu haben, auch am Theater. Wir haben das Künstlerleben genossen, auch wenn es nicht immer leicht war. Die Gemeinschaft mit den Kollegen, die Feiern nach der Vorstellung. In Wien hatten wir so viele Möglichkeiten. Es war eine tolle, prägende Zeit. Ich liebe diese Stadt bis heute.

WANN & WO: Sie sind dann einige Zeit später in die USA gegangen. Trotz aller Liebe, ist Ihnen Wien zu klein geworden?

Ina Wolf: Es klingt zwar „goschert“, aber ja (lacht). Irgendwann hat mich die Abenteuerlust gepackt. Ich war Mitte 20, da willst du es halt wissen. In der Musikszene ist es nicht so, dass du sofort „Connections“ hast. Aber der Kreis wird immer größer, und natürlich gehört das Quäntchen Glück dazu. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. So hat es mich in die Südstaaten verschlagen, genauer nach Birmingham, Alabama. Dort bin ich mit einer ­afroamerikanischen Band auf Tour gegangen. Ich habe als „Weiße“ in „Schwarzen“ Clubs gesungen. Wäre ich Amerikanerin gewesen, hätte das niemals geklappt. Aber als Europäerin war ich wohl etwas Exotisches (lacht). Das ging etwa ein dreiviertel Jahr, und dann kam L.A.

WANN & WO: Im Nachhinein die richtige Entscheidung für die Karriere der Ina Wolf?

Ina Wolf: Anfangs bin ich zwischen Europa und den USA gependelt. Ich hatte noch Engagements am Theater an der Wien und in Berlin, am Theater des Westens, wie es damals hieß. In L.A. bin ich dann in die „Text-Schreiberei“ eingestiegen. Und ja, Ende der Siebziger-, Anfang der Achtzigerjahre waren goldene Zeiten für die Musikbranche in Amerika. Vieles war leichter, offener, unkomplizierter. Da haben sich Bekanntschaften ergeben. Unter anderem eben auch mit dem Produzenten von „Starship“. Mit ihnen haben wir dann in San ­Francisco eine Platte aufgenommen.

WANN & WO: Stichwort „Starship“. Der Nummer-Eins Hit „Sara“ stammt aus Ihrer Feder. Wie ist das, wenn man einen Welthit schreibt?

Ina Wolf: Natürlich habe ich in den „weekly charts“ ­wöchentlich nachgeschaut, wo die Single steht. Damals waren meine Eltern gerade zu Besuch und wir machten eine Reise in einem Wohnmobil, die Westküste hinauf nach Kanada. ­Quasi zur Ablenkung (lacht). Es war die spannendste Reise überhaupt. Dann kam der Sprung auf Platz eins. Das Telefon stand nicht mehr still, es gab gleich Anfragen von anderen Künstlern. Ich erinnere mich, dass ich Wochen später in New York war. Ich stand in einem gut besetzten Aufzug. Es war ruhig, im Hintergrund die Fahrstuhlmusik. Plötzlich lief „Sara“. Da hatte ich, wie soll ich sagen, eine Art Adrenalinschub? Ich hätte am liebsten laut hinausgeschrien: „Hey, dieses Lied habe ich geschrieben!“ (lacht). Ich fühlte mich richtig stolz und bin auch der Meinung, dass man das auch ruhig einmal zugeben und zeigen darf.

WANN & WO: Von welchen Künstlern haben Sie denn Anfragen bekommen?

Ina Wolf: Wir haben zum Beispiel ein wunderschönes Album mit den „Pointer Sisters“ aufgenommen. Aber: Sie hatten damals gerade einen Vertragswechsel mit der Plattenfirma. Die haben alles eingestampft. Die Platte ist nie erschienen. Sowas tut weh und zeigt auch die Schattenseiten des Musikbusiness.

WANN & WO: Im Jahr 1994, kurz vor Ihrer Rückkehr nach Österreich, haben sie ein schweres Erdbeben miterlebt. Wie war das?

Ina Wolf: Mir schnürt es heute noch den Hals zu, wenn ich daran denke. Unser Haus war unbewohnbar, wir mussten mit zwei kleinen Kindern im Auto schlafen. Die Erschütterungen waren gewaltig, das Epizentrum lag ja nur 20 Kilometer Luftlinie von uns entfernt. Es war die Hölle, das kann man sich nicht vorstellen. Aber es hatte auch etwas Positives. Der Zusammenhalt unter den Menschen war enorm. Man hat sich gegenseitig versorgt, hat draußen zusammen gegrillt und getrunken. So etwas bindet.

WANN & WO: Apropos Bindung: Würden Sie nach Amerika zurückgehen?

Ina Wolf: Nein. Die USA haben für mich an Glanz verloren. Natürlich gibt es einiges, das ich vermisse. Freunde, die kalifornische Sonne, die Einfachheit im Alltag. Bei uns ist vieles zu kompliziert, du brauchst für alles eine Genehmigung oder einen Schein. (lacht) Aber klar: Wir leben hier auf der Insel der Seligen, uns geht es richtig gut. Das sollte man nie vergessen.

WANN & WO: Abschließend noch einen Blick in die Zukunft: Was wünschen Sie sich?

Ina Wolf: Erstens natürlich Gesundheit. Und dann Zeit. Es gibt noch so viele Dinge, die ich machen, lernen und sehen möchte. Ich war immer zu brav, zu vernünftig. Mein Vater war Polizist, ich war Klassensprecherin, habe nie Blödsinn gemacht. Das bereue ich ein bisschen. Ich würde mir wünschen, dass jemand einfach mal sagt: „Mensch Ina, du bischt aber a wilde Henna!“(lacht)

«Ich war immer zu brav, zu vernünftig. Mein Vater war Polizist, ich war Klassensprecherin, habe nie Blödsinn gemacht. Das bereue ich ein bisschen.» Ina Wolf zu ihren Wünschen.

«Natürlich gehört auch das ­Quäntchen Glück dazu. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.»

Ina Wolf über ihre Karriere.

«Mir schnürt es heute noch den Hals zu, wenn ich daran denke (...) Unser Haus war unbewohnbar, wir mussten mit zwei kleinen Kindern im Auto schlafen. Die ­Erschütterungen waren gewaltig.»

 Ina Wolf zum verheerenden Erdbeben in L.A. im Jahr 1994.

Kurz gefragt

Wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Loyal, ehrlich. Böse gesagt auch etwas konfliktscheu – ich kann nicht streiten. Das hat mir auch schon meine Tochter vorgeworfen. (lacht)

Wie sieht ihr derzeitiger Alltag aus?

Momentan schreibe und arbeite ich mit George Nussbaumer zusammen. Da wird es ein neues Album geben. Dann arbeite ich nach wie vor als Vocal-Coach. Nebenbei entsteht auch noch etwas Persönliches. Ich schreibe derzeit an einem Text, beginne in meiner Kindheit und werde sehen, wo mich das Ganze noch hinführt.