„Die Leute hackeln wie die Blöden“

«Wenn sie das wirklich pickelhart durchziehen, schaffen es noch weniger, an Eigentum zu kommen.»Rainer Keckeis über die ab 1. Juli gültigen neuen ­Vergabekriterien für Wohn-Kredite.

«Wenn sie das wirklich pickelhart durchziehen, schaffen es noch weniger, an Eigentum zu kommen.»

Rainer Keckeis über die ab 1. Juli gültigen neuen ­Vergabekriterien für Wohn-Kredite.

WANN & WO sprach mit AK Vorarlberg-Direktor Rainer Keckeis (63) über Vorarlberg als teures ­Pflaster, haus­gemachte Probleme beim ­Thema Wohnen, ­Gründe für die nicht enden ­wollende ­Teuerung und ­Perspektiven für junge Menschen im Ländle.

WANN & WO: Herr Keckeis: Das Ländle war vor der Pandemie schon ein teures Pflaster, in den vergangenen zwei Jahren hat sich die Lage noch einmal verschärft. Wie sehen Sie das generell?

Rainer Keckeis: Das stimmt. Und selbst der Mittelstand kommt mittlerweile kostenmäßig massiv unter Druck. Der Haupttreiber dabei ist das Wohnen. Hier haben wir schon seit Jahren eine Preissteigerung, die über der Lohn- und allgemeinen Preisentwicklung liegt. Und Wohnen ist für die Leute der größte Ausgabenbrocken überhaupt. Man kommt dem auch nicht aus: Auf ein Auto kann ich – wenn auch schwer – noch verzichten. Beim Wohnen geht das allerdings nicht. Hier ist man völlig ausgeliefert. Das ist zum Teil aber ein hausgemachtes Problem. Man schaut schon seit 30 Jahren zu, wie die ganzen Grundstücke im Land zusammengekauft werden.

WANN & WO: Warum wurde nicht schon früher reagiert?

Rainer Keckeis: Ich habe in den 1970ern bei der Kammer angefangen und bereits in den 80ern haben wir einen Bodenfonds gefordert und dass Bodenreserven angekauft werden – für kleine gewerbliche Betriebe, aber vor allem für die Arbeitnehmer. Das wurde vom Land damals massiv abgelehnt. Es hieß, das seien kommunistische Ideen. Heute – 40 Jahre später –, kommt man drauf, dass man doch langsam etwas machen könnte. Dabei hätte man das damals als Steuerungsinstrument hernehmen können. Aber es ist diese Marktgläubigkeit der Landesregierung – der ÖVP – dass der Markt alles regelt. Der Markt regelt aber gar nichts, außer: Wer das Geld hat, der schafft an. Deshalb muss eingegriffen werden, sonst funktioniert es nicht. Wir haben deshalb auch Verfassungsjurist Prof. Bußjäger beauftragt, eine Studie zu dem Thema anzustellen, die am kommenden Freitag vorgestellt wird. Es gibt großen Spielraum. Man muss aber den politischen Willen dazu haben.

WANN & WO: Nun ist aber nicht nur die Wohnthematik ein großer Kostenfaktor. Es wird ja durch die Bank alles teurer.

Rainer Keckeis: Es ist einfach so, dass alle Firmen – egal ob groß oder klein – die derzeitige Situation nutzen und die Preise in die Höhe hauen. Ob gerechtfertigt oder nicht, ist dabei völlig wurscht. Man findet auch immer ein Argument: die Logistik, die Lieferketten, lauter solche Sachen. Die Antwort darauf kann nur sein: Gescheite Löhne. Und dann kommt ein Herr Landeshauptmann und sagt: Nein, bei den Löhnen muss man sich zurückhalten. Das ist unglaublich! Aber wenn es jetzt nicht gescheite Lohn­erhöhungen gibt, schaut die Sache schlecht aus.

WANN & WO: Ab 1. Juli gelten neue Vergabekriterien für Wohn-Kredite. Künftig sind 20 Prozent Eigenmittel verpflichtend. Was bedeutet das für die „Hüslebauer“ im Ländle?“

Rainer Keckeis: Wenn sie das wirklich pickelhart durchziehen, dann schaffen es noch weniger. Das wird vor allem für die Jungen ein Problem. Es gibt von staatlicher Seite das Argument, dass viele sich zuvor hoch verschuldet haben. Okay, das stimmt schon. Andererseits haben es viele auch wieder aus den Schulden herausgeschafft. Weil sie beruflich weitergekommen sind, Mehrleistung gebracht haben, etc. Als Wirtschaftsstandort sind wir unglaublich gut, unsere Leute hackeln ja wie die Blöden. Und das hatte schon auch immer damit zu tun, dass man den Sprung ins Eigentum geschafft hat. Das war ja quasi immer der Traum eines jeden hier im Ländle. Nur wenn ich weiß, ich schaffe das nicht mehr, dann bleib ich eben in der Mietwohnung. Und wenn ich Glück habe, bekomme ich sogar eine Vogewosi-Wohnung. Warum soll ich dann noch Überstunden machen? Es könnte also auch der Leistungsbereitschaft schaden.

WANN & WO: Sie haben gerade die jüngere Generation angesprochen. Wie sehen Sie die Perspektiven für junge Menschen im Ländle?

Rainer Keckeis: Beruflich haben sie derzeit die besten Perspektiven überhaupt. Das klingt angesichts der globalen Situation jetzt vielleicht blöd. Aber am Arbeitsmarkt gibt es aktuell jede Menge Jobs. Die Nachfrage ist groß. Wenn die Jungen bereit sind, ein bisschen in sich zu investieren, etwa durch Weiterbildung, stehen die Chancen sehr gut. Die Vorarlberger Industrie bietet tolle Arbeitsplätze, dort ziehen jetzt auch die Löhne an. Und gerade in der Pandemie haben viele Firmen, die bislang nicht unbedingt berühmt waren für soziale Leistungen, Prämien und 15. Gehälter bezahlt. Daran sieht man, wie weit es jetzt heruntergeschneit hat. Das tun die nicht, weil’s lustig ist, sondern weil sie halt auch merken, dass sie so die Leute halten.

«Alle Firmen nutzen die derzeitige Situation und hauen die Preise in die Höhe. Ob gerechtfertigt oder nicht, ist dabei völlig wurscht. Die Antwort darauf kann nur sein: Gescheite Löhne.»

Rainer Keckeis auf die Frage, wie man der allgemeinen Teuerung entgegenwirken kann

«Beruflich haben junge Leute derzeit die besten Perspektiven überhaupt (...) Wenn die Jungen bereit sind, ein bisschen in sich zu investieren, etwa durch Weiterbildung, stehen die Chancen sehr gut.» Rainer Keckeis über die berufliche Aussicht für junge Menschen im Ländle

Kurz gefragt

Sie waren lange in Feldkirch als Stadtrat politisch aktiv, legen ihr Mandat aber am 5. Juli zurück. Warum?
Ich hatte immer Spaß an der Arbeit und habe es immer gerne gemacht. Aber ich bin nun bald 64 und irgendwann ist’s genug.

Haben Sie schon Pläne für die ­Pension?
Ich plane tatsächlich schon, aber so schnell verabschiede ich mich noch nicht in den Ruhestand. Ich habe einen Vertrag, der es mir erlaubt, auch mit über 65 noch zu arbeiten und solange es mir Spaß macht und ich motiviert bin, mache ich weiter.