„Haben bei der Gen Z noch Aufholbedarf!“

Seit 1. Jänner ist Verena Eugster als erste Vorarlbergerin im Bundesvorstand der Jungen Wirtschaft Österreich. Mit W&W sprach sie über ihre neue Funktion, warum sie das Ländle Wien vorzieht, Spannungsfelder zwischen den Generationen und warum es die Jungen aktuell mehr braucht, denn je.
WANN & WO: Verena, du bist die erste Vorarlbergerin im Bundesvorstand der Jungen Wirtschaft Österreich. Darauf darfst du schon etwas stolz sein, oder?
Verena Eugster: Absolut. Ich bin zudem erst das zweite Vorstandsmitglied aus dem Ländle. Ich finde es sehr schön und wichtig, dass in Wien eine starke Stimme aus Vorarlberg vertreten ist. Denn wir sind in Vorarlberg unglaublich stark, ab und zu werden wir aber ganz einfach unterschätzt.
WANN & WO: Du bist selbst erfolgreiche Unternehmerin und bis dato auch Vorstandsvorsitzende der Jungen Wirtschaft Vorarlberg. Langweilig wird dir also nicht. Hast du die Chance gleich am Schopf gepackt, als die neue Funktion in Aussicht stand?
Verena Eugster: Ich habe gelernt: Wenn sich eine Chance bietet, muss man „Ja“ sagen. Aber um ehrlich zu sein, habe ich mich schon gefragt, ob ich es wirklich machen soll. Vor allem, weil es ja auch eine politische Angelegenheit ist. Denn für mich geht es um die Sache an sich und nicht um politische Farben. Aber ich bin nun seit ein paar Tagen in Wien, hatte schon erste gute Gespräche und habe in dieser kurzen Zeit auch schon sehr viel dazugelernt. Mein Bauchgefühl stimmt bisher auch. Ich wurde auch schon gefragt, ob ich nun nach Wien ziehe, aber das kommt für mich aktuell nicht in Frage. Ich liebe Wien, aber ohne Vorarlberg ginge es für mich nicht. Ich brauche das Grüne um mich herum, das Bodenständige und Erdige – so wie wir eben in Vorarlberg sind. Für mich ist es einfach wichtig, nach einer anstrengenden Woche in meine Heimat, den Bregenzerwald zu fahren und zu meiner Familie, meinen Wurzeln zurück kommen zu können.
WANN & WO: Du hast eingangs davon gesprochen, dass du eine starke Stimme für Vorarlberg sein willst. Welche Themen bringst du im Bund vor?
Verena Eugster: Ich habe mir für meine drei Nichten ein Tattoo stechen lassen. Für sie haue ich mich ins Zeug. Ich bin heute 36 Jahre alt, mir geht es gut. Als ich aufgewachsen bin, hatte ich alles. Ermöglicht haben das unsere Eltern und Großeltern, auf ihren Schultern bauen wir auf. Sie haben den Wohlstand durch Leistung erarbeitet. Und nun sehe ich heute ein großes Spannungsfeld. Wirtschaftlich und gesellschaftlich erleben wir schwierige Zeiten, gleichzeitig haben wir nun junge Generationen, die aber eigentlich einen Schritt zurückgehen. Dieses ganze New-Work-Geplapper ist ja gut und recht, ich bin ja auch nicht dafür, dass man sich zu Tode ackert. Aber wir müssen uns schon bewusst sein: Diese extrem hohe Lebensqualität und diesen Wohlstand, speziell in Vorarlberg, haben wir uns erarbeitet. Und ich sehe eine Kluft zwischen den Generationen, die immer größer wird. Dem müssen wir entgegensteuern. Und gerade bei der Generation Z sehe ich großen Aufholbedarf. Ich weiß auch nicht, wann dieses ganze Work-Life-Balance-Gerede so stark wurde. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass es die Jungen heute mehr braucht, als je zuvor.
WANN & WO: Seit Ausbruch der Pandemie folgt eine Krise auf die andere. Vor allem die Teuerung macht vielen Menschen zu schaffen. Wie nimmst du das wahr?
Verena Eugster: Das Thema macht brutal Angst – egal, ob privat oder wirtschaftlich. Denn man weiß einfach nicht, was noch kommt. Man muss das Thema auch aus unterschiedlichen Perspektiven sehen. Ich bin allein und muss deshalb auch nur allein über die Runden kommen. Aber wenn es eine Familie mit zwei, drei Kindern betrifft, ist das ein anderes Thema.
WANN & WO: Wie ist man aus deiner Sicht bislang mit dem Thema umgegangen?
Verena Eugster: Wovon ich überhaupt keine Freundin bin, ist, dass jeder im Gießkannenprinzip beispielsweise 500 Euro Energiebonus bekommt. Da habe mir gedacht: Jetzt machen sie das schon wieder. Denn ich behaupte: Die 500 Euro benötigt nicht jeder. Aber wir müssen jenen helfen, die es wirklich brauchen. Aber nicht zur Beruhigung der Bürger und Bürgerinnen. Das haben wir während Covid so gelernt und machen es jetzt anscheinend bis in alle Ewigkeit weiter. Natürlich: Es ist schwierig, zu evaluieren, wer die betroffenen Personen sind. Wir haben aber nun einen Punkt erreicht, wo es politische Menschlichkeit braucht.
WANN & WO: Weil du bereits deine Nichten erwähnt hast: Sie werden die heute angehäuften Schulden in Zukunft ja auch zahlen müssen.
Verena Eugster: Das geht sich theoretisch ja schon gar nicht mehr aus. Und das ist eben diese Kluft, die ich bereits angesprochen habe. Da ist diese junge Generation, die eigentlich alles hat, die nun aber mit Leistung weiter aufbauen sollte. Darin liegt eben auch dieses Spannungsfeld. Denn wir befinden uns nun eben in einer Zeit, in der wir im Wohlstand leben, die Staatsschulden aber immer mehr und mehr werden. Und wir dürfen nicht so naiv sein und weitermachen, wie bisher. Der Arbeitsmarkt befindet sich gerade in einem großen Wandel – und da müssen wir die Generation Z nun entsprechend abholen.

Verena Eugster, Neo-Bundesvorstandsmitglied Junge Wirtschaft Österreich.
