„Bin ein Phönix aus der Asche“

Tânia Maria Rodrigues-Peters kam von Brasilien nach Vorarlberg und setzt sich hier für Frauen, Kinder und queere Menschen ein. Mit WANN & WO sprach sie über Kunst, Kultur, ihre Rettung aus einem sehr tiefen, emotionalen Loch – sowie über Vorarlberger Trachten und gelbe Cowboy-Hüte.
WANN & WO: Die meisten Menschen in Vorarlberg kennen dich von Veranstaltungen. Du besuchst so gut wie alles, was mit Kultur zu tun hat. Woher kommt diese Liebe zur Kultur?
Tânia Maria Rodrigues-Peters: Das stimmt, mein Interesse an Kultur ist riesig. Ich habe einen regelrechten Hunger auf Kunst und auch auf Literatur. Mittlerweile bekomme ich viele Einladungen zu solchen Events, weil die Menschen aus der Szene mich einfach kennen. Und dann sage ich natürlich fast immer ja. (lacht) Als Zugezogene finde ich es aber auch sehr wichtig, mich mit der Vorarlberger Kunst und Kultur auseinander zu setzen. Wenn ich hier gut leben will, darf ich nicht allein zuhause sitzen und mich nur mit Brasilien beschäftigen. Ich bin sogar Mitglied einer Trachten-gruppe im Leiblachtal! (lacht) Darüber hinaus habe ich auch einen großen Drang, selbst Werke zu erschaffen. Ich bin künstlerisch tätig, ich schreibe und seit einiger Zeit beschäftige ich mich auch mit Kurzfilmen.
WANN & WO: Es geht dir aber nicht nur um Kunst und Kultur an sich, sondern immer auch um Soziales. Du engagierst dich auch selbst.
Tânia Maria Rodrigues-Peters: Richtig, in vielen Bereichen. Mein Kurzfilm, der im Rahmen der „Pride Week“ in Bregenz veröffentlicht wird, beschäftigt sich etwa mit LGBTQIA+-Rechten. Inspiriert hat mich dazu die Geschichte meines Kindheitsfreundes Italo. Als er etwa 18 Jahre alt war, wurde er von vier Machos in Brasilien brutal zusammengeschlagen – einfach, weil er offen schwul ist! Als Italo mir damals davon erzählte, schwor ich ihm, dass ich Zeit meines Lebens für die Rechte queerer Menschen kämpfen werde. Aber nicht nur für deren Rechte: Ich habe mein Projekt „Kunst ohne Grenzen“, das sich für den Schutz von Kindern einsetzt, und engagiere mich auch bei „StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt“ in Hohenems und in Bregenz. Und seit Neuestem auch bei einer solchen Gruppe in Paris. Außerdem halte ich Vorträge über mein Leben und wie man es aus unguten Situationen herausschafft.
WANN & WO: Du hast es schon angesprochen: Du kennst nicht nur die Sonnenseiten des Lebens. Was ist in deiner Vergangenheit passiert?
Tânia Maria Rodrigues-Peters: Als Kind war ich geplagt von Zweifeln und Ängsten. Das ging so weit, dass ich extrem schüchtern war, mich zurückzog und nicht traute, mit anderen zu sprechen. Dementsprechend war ich bei den anderen Kindern nicht sehr beliebt. Irgendwann habe ich aber die Kunst für mich entdeckt und ab da bin ich regelrecht aufgeblüht – und kam endlich aus mir heraus, begann Kontakt zu anderen zu suchen! Als ich dann Kunst studieren wollte, war meine Familie alles andere als begeistert. Doch entgegen des Verbots habe ich ein Studium der Bildenden Kunst an der Universität absolviert und dann als Kunst-
lehrerin an einem Gymnasium ge-
arbeitet. Damals habe ich auch schon unheimlich viel Kunst gemacht, ich war immer aktiv. Als ich nach Europa kam, hörte das schlagartig auf. Es hatte irgendwie keinen Platz in meinem Leben.
WANN & WO: Das muss furchtbar für dich gewesen sein.
Tânia Maria Rodrigues-Peters: Ja, ich war am Boden. Dazu kam auch noch meine Scheidung und die Entfremdung von meinen Kindern. Irgendwann war ich dann wirklich am Boden – ich hatte keine Freude mehr, ich sah keinen Sinn. Und da habe ich erkannt, dass es die Kunst ist, die mir fehlt! Sie war wie ein kleines Licht in mir, dass ich langsam heller gedreht habe. Ich habe wieder angefangen, etwas zu erschaffen und meine Lebensfreude kehrte zurück – ich kehrte zurück, wie ein Phönix aus der Asche.
WANN & WO: Dann hat dich die Kunst also ein zweites Mal gerettet?
Tânia Maria Rodrigues-Peters: Richtig, erstmals als Kind, als sie mir aus meiner Stille und Zurückgezogenheit half. Und dann als Erwachsene, als sie mir wieder einen Sinn im Leben gab. Nicht nur das: Die Kunst nahm mir auch meine Ängste. Früher hatte ich immer Angst, was andere von mir denken. Heute ist mir das egal. Wenn ich morgen einen gelben Cowboy-Hut tragen will, dann mache ich das. (lacht)
WANN & WO: Was ist deine Vision für Vorarlberg? Was möchtest du mit deiner Kunst und deinem Engagement erreichen?
Tânia Maria Rodrigues-Peters: Ich will mit meiner Kunst das Leben von Frauen, Kindern und queeren Personen in Vorarlberg – und am liebsten überall auf der Welt – besser machen. Mein großes Ziel klingt vielleicht ein bisschen nach Träumerei, aber ich sage es trotzdem: Ich möchte ein Gesetz gegen elterliche Entfremdung auf den Weg bringen. Wenn Paare nach der Scheidung ihren Ex-PartnerInnen mit Hass begegnen, dann leiden darunter vor allem die Kinder. Einige enthalten ihren Ex-PartnerInnen auch die Kinder vor und unterbinden den Kontakt zwischen den Kindern und dem geschiedenen Elternteil. Und das will ich verhindern und gesetzlich verbieten lassen. Das klingt vielleicht für viele unrealistisch, aber es ist mein Traum – und ich bin nicht nur eine Träumerin, sondern auch eine Macherin.
WANN & WO: Ein sehr großes Ziel.
Tânia Maria Rodrigues-Peters: Das ist es, aber ich will einmal auf mein Leben zurückblicken und sagen können: Ich habe die Welt ein bisschen besser gemacht.

Tânia Maria traf Redakteurin Anja in der W&W-Redaktion.



Zur Person: Tânia Maria Rodrigues-Peters
Geburtstag: 7. Dezember
Wohnort: Hohenems
Familienstand: geschieden, drei Kinder
Ausbildung: Studium Bildende Kunst und Wirtschaftskommunikation an der Universidade de Mogi das Cruzes (UMC)