Hägi Wendls: „Bevor wir Zäune bauen, machen wir Tore auf“

Johannes Lampert, Silvia Keckeis und Junis wohnen in einem Haus in Zwischenwasser, das 1458 gebaut wurde. Und zeigen damit, dass man Altbestand neu denken kann.
WANN & WO: Hägi Wendls – was verbirgt sich hinter diesem klingenden Namen?
Johannes Lampert: Hägi Wendls ist der Hausname des Gebäudes, in dem wir gerade sitzen. Meine Partnerin Silvia ist direkte Nachfahrin der Familie und hat nun die Aufgabe bekommen, sich um das Haus zu kümmern. Nach Gesprächen mit unserem befreundeten Architekten Martin Mackowitz haben wir uns entschlossen, das über 550 Jahre alte Haus auf Vordermann zu bringen.
WANN & WO: Wie seid ihr an das Projekt gegangen?
Johannes Lampert: Wir sind die Generation, die sich dem Haus wieder intensiv annimmt. Die große Kubatur von Wohnhaus und Stall hat uns auf die Idee gebracht, aus einer Althaussanierung ein Projekt zu machen, das dem kommunalen Zusammenleben dient. Deswegen wurde der Heuboden zum Kulturraum.
WANN & WO: Leerstand, Kernsanierung – Themen, vor denen man gern zurückschrickt. Wie herausfordernd war die Renovierung?
Johannes Lampert: Mit Studenten von BASEhabitat, einer Gruppierung der Universität Linz, haben wir uns intensiv mit dem Umbau und auch der Art und Weise, wie wir uns dem Haus wieder annähern wollen, auseinandergesetzt. Lehmbauexperte Dominik Abbrederis stand uns ebenfalls von Anfang an zur Seite. Die Kunst der Übung bestand darin, auf das Haus zu hören.
WANN & WO: Welche Materialien kamen zum Einsatz?
Johannes Lampert: Am Ende des Tages haben wir uns für dieselben Materialien entschieden, die damals bereits Verwendung fanden. Schlussendlich sind im Haus viele Tonnen Holz und Dreck gelandet (schmunzelt). Der Rückbau des Hauses wurde zunächst gelagert und wiederverwendet. In Sachen Isolierung haben wir uns für eine Kombination aus Lehm und Hackschnitzel entschieden, auch Schilfrohr kam wie bereits vor hunderten Jahren als Putzträger zum Einsatz. Und auch das Dach, das vermutlich um 1800 als Biberschwanz-Einfachdeckung installiert wurde, fand wieder Verwendung.
WANN & WO: Wie schwierig war es, den Innenbereich im Wohnraum neu zu denken?
Johannes Lampert: Der Außenbereich blieb quasi erhalten, in der klassischen Ständer-Bohlen-Bauweise. Innerhalb des Wohnhauses haben wir eine Zwischendecke herausgenommen, größtenteils haben wir den Schnitt des Hauses aber erhalten. Bis auf die Decken, die wurden ein wenig angehoben.
WANN & WO: Hägi Wendls steht auch für Kultur – worauf darf sich das Publikum freuen, wenn sie euch besuchen kommen?
Johannes Lampert: Das erste Jahr haben wir uns für Veranstaltungen entschieden, die unter dem Dachbegriff „Erbe“ stehen. Am 25. Mai werden wir beispielsweise dem baukulturellen Erbe widmen, auch anhand unseres Gebäudes. Dort werden Verena Konrad, Klaus Pfeifer, Martin Mackowitz und Dominik Abbrederis über das Projekt und die baupolitischen Verantwortungen unserer Generation sprechen. Außerdem zeigen wir ab 19 Uhr einen Film von Bence Szalai, der den Prozess von Anfang an begleitet hat.
WANN & WO: Welche Philosophie verkörpert Hägi Wendls?
Johannes Lampert: Im Moment wohnen wir nur zu dritt hier. Aktuell wird aber der Dachboden weiter ausgebaut. Martin Mackowitz hat uns ermutigt, das zu machen, was wir gerne tun. Deswegen war es uns wichtig, einen Raum zu schaffen, der das soziale Umfeld, die Kommune und die ganze Region mitberücksichtigt. Bevor wir Zäune bauen, machen wir Tore auf. Und: Wenn wir mit der Idee unseres Umbaus ein anderes altes Haus vor dem Abriss bewahren, haben wir sicher ein bisschen was richtig gemacht.

Spannende Facts über Hägi Wendls
Bau Wohnhaus: 1458 Bau Tenne: 1694 Errichtung Anbau: ca. 1820
Renovierung Tenne: 1941 Gesamtrenovierung: 2022
Wissenswert: Ständerbohlenbau erhalten, Rückbau auf Originalfassade, Doppelter Dachstuhl gedämmt, Holzkonstruktion mit Innendämmung aus Holzhackschnitzel und Lehm.
Schaut auf der Website und dem Baublog vorbei: www.haegiwendls.at

Die junge Familie hat sich ihren Traum vom Eigenheim verwirklicht.

„In der ehemaligen Tenne entstand ein großer, einladender Raum für Veranstaltungen und kulturelle Begegnung.“ Fotos: Mangard; Schachenhofer und Schnetzer

Ludwina und Siegfried Längle (ca. 1950). Silvias Großmutter Eleonore erbte das Haus von ihrem Onkel Siegfried.

Vor dem Umbau entschlossen sich die Projektleiter, mit der vorhandenen Kernsubstanz zu arbeiten.

Nach dem Umbau zeigt sich die ursprüngliche Ständer-Bohlen-Bauweise.

Hägi Wendls – mehr Hintergründe auf V+
Das einzigartige, über 550 Jahre alte Gebäude, das gemeinsam mit Freunden, Architekten und Studenten saniert wurde, erstrahlt in neuem Glanz. Weitere detaillierte Einblicke in das Leben im Generationenprojekt Hägi Wendls findet man unter V+. Außerdem gibt’s ein umfangreiches Video-Interview mit Bauherr Johannes Lampert, viele weitere Fotos und Einblicke ins Kulturprogramm. Dazu einfach den QR-Code rechts einscannen.

Hackschnitzel und Lehm in gepresster Würfelform dienen als Dämmstoffe.