Ein Karrierefinale, das so nur der Fußball schreiben kann.
Gegen De Jong oder Kimmich spielt man nicht so gern

Für Fußballprofi Michael Liendl schließt sich der Kreis: Das Fußballspielen lernte er beim FC Thüringen, heute (14.30 Uhr) kann er mit dem GAK beim Match gegen den FC Dornbirn auf der Birkenwiese den Bundesliga-Aufstieg fixieren. Ein würdiges Karriereende für den Ex-Nationalspieler, Spielmacher und sympathischen Familienvater.
WANN & WO: Am Ende Ihrer Profikarriere können Sie mit dem GAK in Dornbirn heute den Aufstieg in die Bundesliga fixieren. Wie bereitet man sich auf so ein Spiel vor?
Michael Liendl: Jeder weiß, was auf dem Spiel steht. Trotzdem sind wir uns unserer Stärken bewusst, und wir werden alles daransetzen, an die Leistungen aus den vergangenen Wochen anzuknüpfen. Wir werden uns auf die Basics konzentrieren und auf den Punkt da sein. Ich bin überzeugt davon, dass wir heute als Sieger und als Meister vom Platz gehen werden.
WANN & WO: 3000 Grazer Fans haben sich für heute in Dornbirn angekündigt. Verspürt man angesichts dieses Fan-Supports mehr Druck oder beflügelt es einen viel eher?
Michael Liendl: Wir sind es schon die ganze Saison gewohnt, vor einer einzigartigen Fankulisse zu spielen. Umso schöner ist, dass uns so viele GAK-Fans nach Dornbirn begleiten, ist ja nicht die kürzeste Strecke. Man spürt, wie viel ihnen der Verein und auch der Wiederaufstieg bedeutet. Hier kann man von einer positiven Erwartungshaltung sprechen, auf die wir uns als Spieler freuen. Außerdem gehört es als Fußballprofi dazu, einem gewissen Druck, auch bedingt durch die Atmosphäre, standhalten zu können.
WANN & WO: Auch zahlreiche Thüringer haben sich angekündigt. Welche Gedanken kommen Ihnen in den Sinn, wenn Sie an ihre Jugend denken und an den Verein, bei dem Sie das Fußballspielen erlernt haben?
Michael Liendl: Es war eine wunderschöne Zeit und ich habe viele Freundschaften geschlossen, die bis heute anhalten. Gerade als Profi ist man viel unterwegs. Umso schöner sind jene Freundschaften, die trotzdem funktionieren, auch wenn man sich nicht jede Woche sieht. Meine Eltern und Verwandtschaft leben in Vorarlberg, dementsprechend habe ich mich immer auf die Auswärtsfahrten gefreut. Ich bleibe dem Ländle also sicher auch in Zukunft erhalten.
WANN & WO: Blicken wir auf Ihre Laufbahn. Austria Wien, Fortuna Düsseldorf, 1860 München, WAC oder der GAK – wo stand Ihrer Meinung nach der „Prime-Liendl“ unter Vertrag?
Michael Liendl: Ich denke, in Düsseldorf, meiner ersten Auslandsstation, habe ich schon sehr gut performt. Dort habe ich mich auch richtig wohl gefühlt, egal ob Stadion, Fans oder die ersten Erfahrungen in der deutschen Liga – das hat schon seine Spuren hinterlassen. Aber jede Station hatte ihren Reiz und ich bin dankbar, mir diesen Traum erfüllt zu haben.
WANN & WO: Michael Liendl steht für Traumtore, ich denke an die Kreuzeck-Kracher gegen Sturm oder Ihr Tor in der Europa League gegen den AS Rom. Was war der schönste Treffer, den Sie erzielt haben?
Michael Liendl: Das Tor damals beim WAC in einem internationalen Bewerb war schon etwas Besonderes. In dieser Form gegen so einen großen Verein zu treffen, passiert nicht allzu oft. Ich habe aber noch genügend Zeit, zurückzublicken. Jetzt gilt es sich zunächst, auf das aktuelle Ziel zu konzentrieren.
WANN & WO: Nach Ihrem Abgang aus Twente stand auch eine Verpflichtung beim SCR Altach im Raum. Woran ist ein Wechsel in die alte Heimat gescheitert?
Michael Liendl: Ganz einfach, es lag nie ein wirklich konkretes Angebot vor. Es gab zwar Gespräche, dann folgte aber das Angebot des WAC.
WANN & WO: Wer war im Lauf Ihrer Karriere der härteste Gegenspieler auf dem Platz?
Michael Liendl: Da gab es einige. Also, spontan fallen mir Frenkie de Jong oder Joshua Kimmich ein. Gegen die spielt man nicht so gern.
WANN & WO: Gab es für Sie abseits des Profifußballs einen Plan B?
Michael Liendl: Als ich mit 16 nach Graz kam, habe ich mich voll und ganz auf den Fußball konzentriert. Auch wenn ich eine Lehre als Bürokaufmann abgeschlossen hatte, lag mein Fokus immer zu 100 Prozent auf dem Sport.
WANN & WO: Wer waren Ihre fußballerischen Vorbilder?
Michael Liendl: In Österreich habe ich Andreas Herzog nachgeeifert. International habe ich immer genau auf die Füße von Zinedine Zidane geschaut, ein begnadeter Spieler.
WANN & WO: Wie schafft man es, eine Profi-Fußballkarriere und seine Familie unter einen Hut zu bringen?
Michael Liendl: Ich hatte großes Glück mit meiner Frau, die immer zu mir gestanden ist und mich auf all meinen Stationen begleitet hat. Als Profi, der auf der ganzen Welt herumreist, ist so ein Rückhalt enorm wertvoll und sie hat mich immer unterstützt. Auch meine Eltern und Freunde haben mich während meiner Laufbahn immer begleitet und standen mit Rat und Tat an meiner Seite. Dafür bin ich unheimlich dankbar. Und jetzt nach meiner aktiven Karriere bleibt auch wieder mehr Zeit für die Familie.
WANN & WO: Wie hat sich der Fußball während Ihrer aktiven Zeit verändert?
Michael Liendl: Alles ist viel schneller und athletischer geworden, auch taktisch sind die Spieler heute viel besser ausgebildet und reifer. Gerade Spielertypen wie ich, die nicht die schnellsten sind, haben es schwerer. Meine Stärke lag als zentraler Mittelfeldspieler in der Antizipation. So konnte ich diese Schwäche vielleicht ausgleichen (schmunzelt). Trotzdem hoffe ich, dass die Technologie den Fußball nicht überholt. Als Freund der Fußballkultur halte ich nicht allzu viel vom überbordenden Einsatz technischer Helfer. Torlinientechnik okay, das Spiel soll aber auch von den Tatsachenentscheidungen der Schiedsrichter leben. Auch beim Stammtischgespräch danach. Und die Fans sollen sich über ein Tor freuen können.
WANN & WO: Ein Tipp des scheidenden Profis an die Nachwuchsspieler?
Michael Liendl: Immer dranbleiben. Spaß haben in erster Linie. Nach einer Niederlage wieder aufstehen. Und nicht beim ersten Windstoß umfallen. Der Glaube an sich selbst versetzt Berge, wenn man ein Ziel vor Augen hat, kann man alles erreichen.
WANN & WO: Austria Lustenau oder SCR Altach?
Michael Liendl: Ich möchte mich hier nicht auf einen Verein festlegen. Es freut mich aber, dass zwei Vorarlberger Teams in der Bundesliga vertreten sind. Und die Ländle-Derbys sind definitiv für alle eine Bereicherung.
WANN & WO: Abschließend: Wie feiert Michael Liendl sein Karriereende und vielleicht auch den Titel und die Rückkehr der Grazer Athletiker in die Bundesliga?
Michael Liendl: Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Und das wird sicherlich intensiv und flüssig. Der Verein und seine fantastischen Fans haben sich diesen Aufstieg verdient.
WANN & WO: Vielen Dank für das Gespräch und auch unsererseits herzliche Gratulation zu einer beispiellosen Fußballkarriere. Michi Liendl, Fußballgott.

Jugendmannschaft FC Thüringen: Hier lernte Michael Liendl das Kicken.

Mit Kapfenberg holte Michael Liendl als Bester Spieler der Zweiten Liga den Titel.

2001: Zwei Treffer beim 4:1-Testspielsieg von Österreichs Unter-17-Auswahl gegen die
tschechische Mannschaft
Stare Mesto.

2014: Michael Liendl im Dress von Fortuna Düsseldorf gegen 1860 München in der Zweiten Deutschen Bundesliga.

Michael Liendl
Alter, Wohnort: 37 Jahre, Graz, aufgewachsen in Thüringen
Fußballerische Laufbahn: FC Nenzing, FC Thüringen, GAK, Kapfenberg, Austria Wien, WAC, Fortuna Düsseldorf, 1860 München, Twente Enschede, WAC, GAK
Familienstand: Verheiratet, ein Sohn