Vorarlberg und die Chance, sich digital neu zu erfinden

Thomas Gabriel setzt auf die Innovationskraft der Vorarlberger, pocht aber gleichzeitig auf den Ausbau digitaler Angebote, besonders im Ausbildungsbereich. Fotos: Stiplovsek
Thomas Gabriel setzt auf die Innovationskraft der Vorarlberger, pocht aber gleichzeitig auf den Ausbau digitaler Angebote, besonders im Ausbildungsbereich. Fotos: Stiplovsek

Startupland-Initiator und Digitalisierungs-Experte Thomas Gabriel (39) über das neue Bludenzer Coworking-Space „Muut“, die Vorarlberger Start-up-Landschaft und wieso heimische Unternehmen vermehrt in die digitale Zukunft investieren sollten.

WANN & WO: Wir befinden uns heute in Bludenz, im neuen Coworking-Space „Muut“. Wie lässt sich dieser Digital-Hub für das Oberland ­charakterisieren?

Thomas Gabriel: Die Art und Weise, wie Menschen arbeiten, verändert sich. Wir können hier in dieser 1888 erbauten Villa, zentral in der Alpenstadt, für über 30 Personen kreative Arbeitsplätze in einem generalsanierten und dem neuesten Stand der Technik entsprechenden Umfeld anbieten. Egal ob als Alternative zum Home Office, für Pendler, die beispielsweise zwei Tage im Unterland arbeiten oder auch für Kooperationsfirmen, wie Getzner, Webgears oder Gantner, die hier einen alternativen Ort für Workshops bekommen – Muut steht einerseits für Mut, andererseits geht der Begriff auf das finnische Wort für Veränderung („Muutos“) zurück. Ein Treffpunkt für digitale Initialzündungen, ideal zum Netzwerken und wo man sich aus­probieren kann.

WANN & WO: An wen richtet sich das Angebot der „Muut Offices“?

Thomas Gabriel: Sie sind generell eher jünger, und kennen ähnliche Angebote bereits aus Großstädten. Entwickler, Designer, Analysten oder Personen aus dem „Remote-Work-Bereich“ nutzen unser Angebot einer lokalen Innovationsplattform. Nicht auf eine spezifische Branche oder einen Ort beschränkt, „Muut“ agiert auch als Drehscheibe und digitaler Hub für die angrenzenden Talschaften.

WANN & WO: Welches Potenzial sehen Sie noch in diesem digitalen Hub für das Oberland?

Thomas Gabriel: Bludenz statt Bali – wir wollen hier auch für digitale Experten aus dem Ausland den besonderen Wert dieser Region unterstreichen. Coworking in den Alpen, nach der Arbeit kann man ins Brandnertal in den Bikepark, ins Montafon, auf den Muttersberg oder ins Klostertal. Im Winter erklärt sich das Angebot von selbst. Wir glauben, damit ein attraktives Angebot für die dringend benötigte digitale Expertise außerhalb unseres Einzugsgebiets zu schaffen – Arbeit ist längst nicht mehr an einen Ort gebunden und wir sind bereits mit Netzwerken und Multiplikatoren in Kontakt, um die „Muut Offices“ weit über die Landesgrenzen hinaus zu bewerben.

WANN & WO: Kehren wir zurück nach Vorarlberg – wie steht es um die Digitalisierung unserer Region, welche Chancen sehen Sie für die heimischen Betriebe?

Thomas Gabriel: Vorarlberg muss digital neu gedacht werden und sich neu erfinden. Wir haben zwar hervorragende Unternehmen, die auf Jahrhunderte Know-how und Erfahrung zurückgreifen und auch das nötige Kapital hätten, um in die Zukunft zu investieren. Unsere Region muss aber begreifen, dass es nicht nur um Re-Investment in die eigene Firma gehen sollte. Sondern vielleicht auch, ähnlich wie das beispielsweise in den USA üblich ist, in Start-ups oder Gründer aus der Region zu investieren. Oder vielleicht auch neue Geschäftsfelder, abseits eines klassischen, industriellen Kerngeschäfts zu überdenken. Weg vom Bau großer Maschinen, hin zum Bau von innovativen Prototypen, ich denke beispielsweise an die Firma Omicron, die hier einen vorbildlichen Weg eingeschlagen hat. Wir waren immer schon ein Land der Tüftler und Erfinder und unsere Unternehmen beweisen täglich aufs Neue, dass sie international konkurrenzfähig sind. Wir müssen nur lernen, diesen Innovationsgeist auf digitalen Feldern anzuwenden.

WANN & WO: Wann hat Sie Ihre digitale Berufung ereilt?

Thomas Gabriel: Bereits sehr früh, gemeinsam mit zwei Kollegen in der HAK Lustenau, habe ich mich mit der völlig neuen Welt im World Wide Web auseinandergesetzt. Und schon damals mit der Plattform „Songtexte.com“ einen Grundstein für unsere Zukunft gelegt und bereits ein klein wenig Taschengeld verdient. Und während und nach meinem Studium habe ich dann versucht, die ganze Welt zu bereisen und konnte so viel Innovation und Know-how mitnehmen. Mit unserer neuesten Online-Plattform „Küchenfinder“ konnten wir im Vorjahr auf sechs Millionen Visits aufbauen, einem Anstieg um zwölf Prozent. Genauso ein Projekt hätte hier in Bludenz, in einem kreativen Umfeld entstehen können.

WANN & WO: Wie steht es um die digitalen Ausbildungsmöglichkeiten im Land, Sie gelten als jemand, der sich verstärkt für eine Universität in Vorarlberg einsetzt?

Thomas Gabriel: Hier haben wir im Land noch viel Luft nach oben. Wir haben zwar eine Fachhochschule, meiner Meinung nach sollte Vorarlberg aber alles daransetzen, zu einem Universitätsstandort zu werden. Einerseits, um für unsere Jugend eine bestmögliche Ausbildung zu garantieren, und auch um noch viele Talente außerhalb Voralbergs anzulocken, exzellent auszubilden und dann nach der Studienzeit ans Land zu binden. Und andererseits um ein attraktiver Standort für Forschung auf Hochschulebene zu werden. Vorarl­berg soll nicht nur als Exportweltmeister von sich reden machen, mit einer Universität, die über internationaler Strahlkraft verfügt, können wir zu einem international renommierten Standort für Forschung und Entwicklung werden. Nur über Investition können wir unseren Wohlstand weiter ausbauen. Wünschenswert wäre hier eine Art digitaler Schulterschluss der heimischen Unternehmen. Das nötige Kapital wäre da, die Firmen müssen aber lernen, über ihren Schatten zu springen, und in die Region zu investieren – als Dynamo für eine digitale Ausbildungslandschaft und als Katalysator für das große Potenzial, das in unserer Jugend steckt.

«Vorarl­berg soll nicht nur als Exportweltmeister von sich reden machen, mit einer Universität, die über internationaler Strahlkraft verfügt, können wir zu einem international renommierten Standort für Forschung und Entwicklung werden. »

Thomas Gabriel macht sich für Investition in Bildung und damit einer Universität in Vorarlberg stark

Muut OfficesDigital Hub, Coworking Space und Treffpunkt für kreative Köpfe aus der Region rund um Bludenz. Hier im Bild: Geschäftsführerin Selina Staggl

Muut Offices

Digital Hub, Coworking Space und Treffpunkt für kreative Köpfe aus der Region rund um Bludenz.
Hier im Bild: Geschäftsführerin Selina Staggl

Muut – flexibles Büro, Coworking und TreffpunktZentral in Bludenz, direkt gegenüber des Rathauses, befindet sich eine 1888 erbaute Villa, die sich nun zu einem Meeting Space für junge Kreative entwickelt hat. Thomas Gabriel und Selina Saggl haben mit den „Muut Offices“ einen Raum geschaffen, der auf die Anforderungen der veränderten Arbeitswelt reagiert und über 30 Plätze für Coworking & Co. anbietet.Infos und Reservierung: www.muut.at

Muut – flexibles Büro, Coworking und Treffpunkt

Zentral in Bludenz, direkt gegenüber des Rathauses, befindet sich eine 1888 erbaute Villa, die sich nun zu einem Meeting Space für junge Kreative entwickelt hat. Thomas Gabriel und Selina Saggl haben mit den „Muut Offices“ einen Raum geschaffen, der auf die Anforderungen der veränderten Arbeitswelt reagiert und über 30 Plätze für Coworking & Co. anbietet.
Infos und Reservierung: www.muut.at

«Vorarl­berg soll nicht nur als Exportweltmeister von sich reden machen, mit einer Universität, die über internationaler Strahlkraft verfügt, können wir zu einem international renommierten Standort für Forschung und Entwicklung werden. »

Thomas Gabriel macht sich für Investition in Bildung und damit einer Universität in Vorarlberg stark