„Technologie zum Wohle der Gesellschaft einsetzen“

Mit „NEON GOLDEN“ sorgt Stefan Kainbacher für
atemberaubende Visuals oder Kunstinstallationen auf den großen Bühnen der Welt. Der Design- und
Grafikexperte lehrt aber auch an der FH Vorarlberg.
Im Sonntagstalk spricht der 43-Jährige über den
Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
WANN & WO: Herr Kainbacher, wann haben Sie Ihr Interesse für Visuals, Grafik und Design entdeckt?
Stefan Kainbacher: Eigentlich schon immer. Aber auf ein neues Level gehoben, hat das Ganze dann der technische Fortschritt. Ich war einer der ersten Absolventen des Intermedia-Studiengangs an der FH Dornbirn. Wir haben uns relativ früh mit den neuen, gestalterischen Möglichkeiten auseinandergesetzt, die das Internet und die fortschreitende Digitalisierung mit sich gebracht haben. Das Internet war der Wilde Westen und wir sahen uns als Pioniere. So entstand dann auch meine erste Firma, die sich auf das Werben im digitalen Raum spezialisiert hat. Als Agentur waren wir von Anfang an dabei, wenn es um Animationen, programmierte Websites, damals noch auf Flash-Basis oder die intermediale Verknüpfung von Wort, Bild und Ton ging.
WANN & WO: Mit „NEON GOLDEN“ haben Sie sich gerade im Visual-Bereich bei Events, Festivals, Konzerten oder in der Club-Kultur weltweit einen Namen gemacht. Was hat sich in dieser Branche verändert?
Stefan Kainbacher: Wir haben neben unserem Studium angefangen zu experimentieren, mehr aus Spaß heraus. Mit Kameras, Bewegtbild-Projektion, alles aber im kleinen Rahmen. 2003 war ich für ein Auslandspraktikum in Berlin. Als Praktikant bei Prof. Claudius Lazzeroni waren wir bei der Umsetzung des Bertelsmanspavillons in Berlin beteiligt. Dort kam ich dann weiter in Kontakt mit diesen gestalterischen Möglichkeiten. Als ich dann bei einem Konzert von Massive Attack ihre Interpretation von Message in großen, bewegten Lettern während ihrer Show gesehen hatte, wusste ich, dass ich so etwas auch machen wollte. Und so entstand dann „NEON GOLDEN“. Das gesamte Segment hat sich inzwischen revolutioniert. Damals war alles sehr optisch und mechanisch. Wenn man großflächige Projektionen gemacht hat, brauchte man auch das nötige, sehr kostspielige Equipment und das technische Know-how. Diese Erfahrung kommt uns heute noch zugute, da wir von Anfang an dabei waren. Egal ob auf dem Urban Art Forms oder bei der Installation des international renommierten Clubs „Grelle Forelle“ in Wien. Wir haben immer mit neuen „Digitalen Grounds“ experimentiert, jetzt sind es halt Themen wie NFT, Blockchain, Virtual und Augmented Realitity oder die Künstliche Intelligenz.
WANN & WO: Sie kommen aus dem gestalterischen Bereich. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der omnipräsenten Künstlichen Intelligenz, gerade in Ihrem Segment?
Stefan Kainbacher: Präsent ist Artificial Intelligence schon länger, gerade im gestalterischen Bereich. Jetzt wurde die Technik einem breiten Publikum eröffnet, auch durch offene Anwendungen. Für mich persönlich spannend ist der Interpretationsspielraum. Beim Erschaffen von Grafiken und Bildern herrscht eine gewisse Toleranz, Text folgt strengen Regeln der Grammatik oder Semantik. Und hier kommt nun diese generative, künstliche Intelligenz ins Spiel, die immer besser wird. Die Erstellung von Bildern und Videos mit der neuen Software hat sich enorm beschleunigt. Das wird viele Jobs kosten, eröffnet aber auch viele Möglichkeiten.
WANN & WO: Wie sehen Sie das Ganze aus rechtlicher Sicht, gerade wenn es um Themen wie Urheberschaft geht?
Stefan Kainbacher: Ich denke, der KI-Act der EU weist schon viele gute Ansätze auf. Aber bis dieses Gesetz greift, hat uns der technische Wandel bereits längst überholt. Das ganze Thema ist unglaublich vielschichtig und komplex. In den USA beispielsweise gab es ein Urteil, dass ein Bild, das von einem Primaten gemalt wurde, keine Urheberrechte hat. Also ein Bild, das nicht von einem Menschen gemacht wurde, ähnlich wie das jetzt eine Künstliche Intelligenz bewerkstelligt. Ich kann der Maschine auch beibringen, Texte nach gewissen stilistischen Vorgaben zu kreieren. Egal in welchem Bereich. Gerade wenn es um die Ausweisung von Produkten geht, die vom Computer generiert werden, ist die Rechtsprechung gefordert. Oder wenn es um „Deep Fakes“ oder Manipulation geht. Spannend wird es, wer die Vorgaben gibt, und wer letztlich kuratiert. Wir dürfen aber nicht eine Politik des Verhinderns verfolgen, sondern müssen lernen, mit der Künstlichen Intelligenz zu leben und mit ihr umzugehen.
WANN & WO: Wo wird die Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen?
Stefan Kainbacher: In jedem Bereich, der reproduzierbar ist. Die ersten Jobs, die es „gefressen“ hat, waren die „Click Farms“. Egal ob in der Verwaltung, bei Juristen, bei Behörden, im IT-Bereich oder bei den Banken, hier wird die KI viel übernehmen. Auch im Kreativ- oder Textbereich. Rechtschreibung und Grammatik lassen sich ja bereits in Echtzeit überprüfen. Auch im Code-Bereich übt die KI bereits massiven Einfluss aus, hier kann die Maschine auf umfangreiches Wissen und Material zurückgreifen und viel vereinfachen. Umso wichtiger werden dann aber jene, die Ergebnisse kontrollieren. Und hier wird es Qualität brauchen. Also stehen wir auch vor einem sozialen Umbruch, denn unser System steht vor einem radikalen Umbruch. Wenn der „White Collar“-Arbeiter von der Maschine ersetzt wird, hat die Politik und die Wirtschaft ein Legitimationsproblem.
WANN & WO: Sie sind auch Dozent an der Fachhochschule Dornbirn. Wie präsent ist das Thema bei den Studierenden?
Stefan Kainbacher: Ich bin Teil einer speziellen Ausschussgruppe der FH rund um das Thema „Künstliche Intelligenz“. Und auch im Lehrkörper gehen die Meinungen auseinander. Sollen wir den Einsatz von Chat GPT erlauben, oder nicht? Eigentlich ist es wie früher, wenn es um den Einsatz eines Taschenrechners bei Prüfungen geht. Wir haben immer auf Wissen aufgebaut, das bereits vorhanden war. „Google is your friend“. Ein Schlüssel wird die Kommunikation, sowohl untereinander als auch mit der KI. Ich bin der Meinung, dass wir auch im Sinne des internationalen Wettbewerbs die Technologie breit einsetzen müssen. Kontrolliert und nach diversen Vorgaben, ohne Zensur, aber mit wachen Augen. Denn jetzt ist noch Vieles, das von den Rechnern produziert wird, mehr im Reich der Halluzination beheimatet, als in unserer realen Welt. KI hat das Potenzial, viele Bereiche zu revolutionieren. In meiner Arbeit, sowohl bei „NEON GOLDEN“, als Unternehmer oder auch an der Fachhochschule, sehe ich KI als ein Werkzeug, das uns helfen kann, effizienter zu arbeiten und kreative Lösungen zu finden. Aber es gibt auch ethische Fragen, die wir uns stellen müssen, insbesondere im Hinblick auf Entscheidungsfindung und Moral. Es ist wichtig, diese Fragen zu stellen und sicherzustellen, dass die Technologie zum Wohl der Gesellschaft eingesetzt wird.
«Die ersten Jobs, die es ‚gefressen‘ hat, waren die ‚Click Farms‘.»
Stefan Kainbacher über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz
«Sollen wir den Einsatz von Chat GPT erlauben, oder nicht? Eigentlich ist es wie früher, wenn es um den Einsatz eines Taschenrechners bei Prüfungen geht. Ich bin der Meinung, dass wir auch im Sinne des internationalen Wettbewerbs die Technologie breit einsetzen müssen.»
Stefan Kainbacher über den Einsatz von Chat GPT an der FH




Zur Person: Stefan Kainbacher
Beruf, Ausbildung: Künstler (NEON GOLDEN), Designer (www.bpnxt.com), Dozent an der FH Dornbirn,
Magister (FH) für künstlerisch-gestaltende Berufe
Geburtsdatum, Geburtsort: 15. Februar 1980, Dornbirn
Infos: www.stefankainbacher.com
Spezialgebiete: Grafik, Design, Installation, Netzwerk, Digitales Storytelling, Künstliche Intelligenz, Licht + Visuals