„Wenn das Publikum die Magie wahrnimmt, die ich fühle“

„White Girl From The Mountains“ – Sängerin Aja Zischg im Sonntagstalk über ihr sechstes und bisher persönlichstes, reines Solo-Album, das am 8. Oktober erscheint.

WANN & WO: Wieso hast du dich für diesen Titel bei deinem sechsten Studioalbum entschieden? Ist es dein persönlichstes Werk geworden?

Aja Zischg: Ich sang 2003 für ein halbes Jahr in New Jersey mit einem baptistischen Gospelchor. Als ich den Mund aufmachte, um zu singen, riefen die Leute da: „Damn – the white girl from the mountains! She sings like one of us…“ Ich fühlte mich geehrt und es war lustig zugleich. Von da an begleitete mich dieser Satz und wurde zum „Running Gag“. Irgendwann war mir klar, das wird der Titel für mein nächstes Album, im Speziellen für mein Solo-Werk. Ja, es ist mein persönlichstes Werk, wenngleich jeder Song, den ich bisher schrieb, einzigartig und persönlich für mich ist. Jeder Song spiegelt etwas vom Innersten in mir wider, passend zu jeder Lebensphase.

WANN & WO: Was sind deine ersten Erinnerungen, die du mit Musik verknüpfst? Und wann hast du dich entschieden, dein Leben ganz dieser Kunstrichtung zu widmen?

Aja Zischg: Ich sitze mit meinem Vater am Klavier bei meiner Oma in Lustenau, ich bin gefühlt ein Jahr alt, ich sitze bei ihm auf dem Schoß. Er zerlegt Akkorde von Chicagos „Colour My World“, lauter Major-Klänge, meine ich mich zu erinnern. Dann die Wochenend-langen Vinyl-Sessions mit meinem Vater, der eine erlesene Auswahl an Schallplatten zu Hause hat. Unbewusst war mir sehr früh klar, dass ich der Musik total verschrieben war. Schon mit zehn Jahren, als ich in den Sommerferien lieber im Zimmer saß und Musik analysierte. Mit 16 Jahren war es klar, dass ich so schnell wie möglich Jazz studieren wollte.

WANN & WO: Mit welchen Hindernissen und Herausforderungen hattest du zu kämpfen?

Aja Zischg: Mit 15 Jahren sang ich mit einer tollen Band, ich war im Background. Es gab eine vernichtende Kritik von einer Journalistin: Ich würde den Durchbruch wohl nie schaffen mit meiner Performance – das tat weh. Auch während des Studiums folgten viele blöde und unreflektierte, ja unsensible Kommentare von Kollegen, Lehrern, Veranstaltern usw. Aber das schult ungemein, wenn du nicht zerbrichst, wirst du stärker! Tatsache. Ein Musikerleben fordert dich in besonderer Form, zu dir zu stehen, ohne Wenn und Aber.

WANN & WO: Was charakterisiert für dich einen perfekten Song, wenn es diesen überhaupt gibt?

Aja Zischg: Ein Song ist perfekt, wenn er mich tief im Inneren berührt, mich in eine andere Welt, eine andere Dimension mitnimmt, Ekstase in mir auslöst, das Verlangen in mir auslöst, ihn immer und immer wieder hören zu wollen.

WANN & WO: Du bist eine begnadete Live-Interpretin. Worin liegt der Reiz, vor Publikum zu spielen? Und hast du Lampenfieber?

Aja Zischg: Dankeschön. Ich liebe es, „live“ in den Austausch mit dem Publikum zu gehen. Das ist schon etwas Wunderbares und ganz Spezielles. Das Unglaubliche ist, wenn die Magie, die in einem Song steckt, so richtig zum Publikum überschwappt. Wenn das Publikum auch wahrnimmt, was ich fühle. Wenn das Publikum seine eigene Geschichte in dem jeweiligen Song findet oder Aspekte davon. Das ist dieser unbeschreibliche Austausch zwischen Publikum und Performer. Fast nicht in Worte zu fassen. Elektrisierend jedenfalls. Beim Singen hatte ich nie Lampenfieber, aber nervös war ich immer und auf eine gesunde Art „aufgeregt“.

WANN & WO: Wie hat sich der Stellenwert von Musik in den letzten Jahren verändert, wenn man an Online-Medien, Streaming-Plattformen oder Casting-Shows denkt?

Aja Zischg: Die Musiklandschaft hat sich massiv bzw. dramatisch verändert, so wie insgesamt unsere ganze Welt. Ich denke, es gibt viel Gutes, genauso wie viel Missbräuchliches. Man ist aufgefordert, einen eigenen Weg in dem ganzen Dschungel zu finden, einen Weg, zu dem man stehen kann, den man ethisch für sich verantworten kann. Ich habe es geliebt, in Plattenläden zu gehen und ganze Tage dort zu verbringen. Das war ein Highlight und Erlebnis, besser als Urlaub. Das ganze Online-Zeugs bringt den Menschen auch um viel echte Erfahrung da draußen im Leben. Ich schätze mich glücklich, in den 70ern geboren zu sei, schätze aber auch die Veränderung, alles ist eben stets in Bewegung.

WANN & WO: Wie schwierig ist es für Nachwuchsmusiker, sich einen Namen zu machen oder Auftrittsmöglichkeiten zu bekommen?

Aja Zischg: Einerseits gibt es Musiker und Musikerinnen viele Möglichkeiten wie etwa Social-Media-Kanäle, diverse Wettbewerbs-Plattformen, Studienmöglichkeiten, YouTube-Kanäle uvm. Andererseits ist vieles beliebig geworden und nur noch wenige stechen mit Einzigartigkeit hervor. Man braucht extrem viel Ausdauer, Hartnäckigkeit und eine klare Vision von sich selbst, um sich einen Weg durch diese Masse an Musikern, Bands und Möglichkeiten zu bahnen.

WANN & WO: Das Thema Künstliche Intelligenz hat auch die Musik erreicht: Glaubst du, dass vom Computer erzeugte Songs den Menschen als Komponisten und Musiker ersetzen werden?

Aja Zischg: Nein, das glaube ich nicht und will ich vor allem nicht glauben. Während Corona hat man hochgepriesen, wie großartig der digitale Unterricht doch sei. Ich dachte mir von Sekunde null weg, dass dies niemals echten Unterricht ersetzen wird können. Denn der echte Kontakt mit einem Mentor ist durch nichts auszutauschen. Gerade im Gesang, in der Musik geht es um einen ganzheitlichen Prozess. Körper, Geist, Seele stecken da mit drin. Ein guter Lehrer erfasst alle Dimensionen und so sehe ich das auch in Bezug auf KI generell. Diese kann bestimmt hilfreich sein, wenn man sie integer einsetzt. Aber Mensch zu sein ist mehr und bleibt stets ein Mysterium. Das ist in meinen Augen wichtig und gut so.

WANN & WO: Abschließend: Am 8. Oktober wird dein mittlerweile sechstes Album veröffentlicht. Wo kann man die „One-Woman-Show“ des „White Girls From The Mountains” demnächst live erleben?

Aja Zischg: Zunächst direkt die Präsentation am 8. Oktober in der Villa Falkenhorst. Dann spiele ich im Funkhaus, im kleinen Zeughaus in Lindau, in der Harder Kammgarn, im Feldkircher Saumarkt und im Spielboden. Alle Termine findet man auf meiner Website www.aja-soul.com.

«Ich sang 2003 für ein halbes Jahr in New Jersey mit einem baptistischen Gospelchor. Als ich den Mund aufmachte, um zu singen, riefen die Leute da: „Damn – the white girl from the mountains! She sings like one of us …“ Irgendwann war mir klar, das wird der Titel für mein nächstes Album.»

Aja Zischg über die Herkunft des Titels für ihr neues und persönlichstes Album

Aja Zischg hat ihr Leben voll und ganz der Musik verschrieben. Fotos: Christina Anzenberger-Fink
Aja Zischg hat ihr Leben voll und ganz der Musik verschrieben. Fotos: Christina Anzenberger-Fink
Zur Person: Aja Zischg (46) aus DornbirnBeruf, Ausbildung: Studium ‚Jazz/Gesang‘ an der Universität für ­darstellende Kunst und Musik Graz, Abschluss mit Auszeichnung (2000)Aktueller Lieblingssong: „Can’t make it with your brain“ von Charlie ­Hunter & Kurt Elling aus dem Album „SuperBlue“Hobbys: Tennis, Yoga, Skifahren, Tanzen – Infos: www.aja-soul.com

Zur Person: Aja Zischg (46) aus Dornbirn

Beruf, Ausbildung: Studium ‚Jazz/Gesang‘ an der Universität für ­darstellende Kunst und Musik Graz, Abschluss mit Auszeichnung (2000)

Aktueller Lieblingssong: „Can’t make it with your brain“ von Charlie ­Hunter & Kurt Elling aus dem Album „SuperBlue“
Hobbys: Tennis, Yoga, Skifahren, Tanzen – Infos: www.aja-soul.com

«Ich sang 2003 für ein halbes Jahr in New Jersey mit einem baptistischen Gospelchor. Als ich den Mund aufmachte, um zu singen, riefen die Leute da: „Damn – the white girl from the mountains! She sings like one of us …“ Irgendwann war mir klar, das wird der Titel für mein nächstes Album.»

Aja Zischg über die Herkunft des Titels für ihr neues und persönlichstes Album