Gefangen im gemeinnützigen Mietvertrag
Die Knappheit von leistbarem Wohnraum ist ein anhaltendes Problem in Österreich. In manchen Städten und Dörfern in Vorarlberg wartet man bis zu zehn Jahre auf eine gemeinnützige Wohnung. Nach sieben Jahren in einer gemeinnützigen Wohnung der Vogewosi wurde mein Mietvertrag über den 31. 7. 2023 nicht verlängert. Mitte Februar erfuhr ich davon, also ging ich schnellstmöglich auf Wohnungssuche. Meine Suche gestaltete sich schwierig, da sich die Kosten für eine Ein-Zimmer-Wohnung im Unterland schon auf mindestens 650 Euro Kaltmiete belaufen. Nach einem Wohnungsbesichtigungsmarathon fand ich eine passende Wohnung und kündigte somit den Mietvertrag auf Ende Februar mit der Kündigungsfrist laut Vertrag bis Ende Mai.
Anfang März kamen die Nachmieter zur Besichtigung meiner alten Wohnung und erklärten mir mit Nachdruck, dass sie so ehest möglich in meine barrierefreie Wohnung mit Lift wollen, da sie ihre jetzige nicht barrierefreien Wohnung im zweiten Obergeschoss ohne Lift aus gesundheitlichen Gründen nur in selten Fällen verlassen können. Da ich wusste, ich würde bis Ende März ausziehen, die Wohnung somit zwei Monate leer stehen würde und ich die finanziellen Mittel nicht habe, für ein ganzes Quartal doppelt Miete zahlen zu müssen, informierte ich mich an verschiedenen Stellen (Vogewosi, AK), ob es eine Möglichkeit gäbe, vor Ende der Kündigungsfrist Ende Mai aus dem Mietvertrag aussteigen zu können. Die AK empfahl mir, mich bei der Vogewosi zu informieren. Trotz den Fakten, die der Vogewosi vorlagen, dass ich Ende März ausgezogen bin, die Wohnung zwei Monate leer steht, es bereits Nachmieter gibt, welcher die Wohnung so schnell wie möglich braucht und ich keine finanziellen Ressourcen habe, hieß es dort an mehreren Stellen mit Nachdruck und teilweise unverschämten Verhalten: „Eine Ausnahme ist nicht möglich, hätten Sie sich früher überlegt, wann Sie ausziehen.“ Somit hatte sich die Sachlage für die Rechtsabteilung der Vogewosi erledigt.
Ich kann nicht nachvollziehen, warum es kein Entgegenkommen gibt und eine Wohnung nun mehrere Monate leer steht, obwohl der Bedarf an bezahlbaren Wohnungen, für die einkommensschwächere Bevölkerung von existenzieller Bedeutung ist. Ich selbst arbeite in einem sozialen Unternehmen und bekomme tagtäglich mit, wie
KlientInnen Existenzängste haben oder obdachlos werden. Auch für mich hatte die Entscheidung der Vogewosi enorme finanzielle Auswirkungen, die mich zwangen, einen Kredit aufzunehmen. Für das – für mich gewinnorientierte Unternehmen Vogewosi – hat es doch nur Vorteile, wenn es neue MieterInnen auf dem schnellsten Weg finden kann und eine Wohnung nicht zwei Monate leer stehen muss. Die Wartelisten könnten durch das Vermieten an bedürftige Menschen verkürzt werden. Es lässt mich vermuten, dass die Vogewosi als gemeinnützige Wohngenossenschaft bewusst Gewinn mit bedürftigen Personen macht. Sollten sie nicht für, statt gegen die Gesellschaft
arbeiten? Josef Kepp