Gastro
„Müssen mehr über das Schöne in der Gastro reden“, so Fiona Ganahl (18) in der Wann & Wo vom 24.09.2023. Sicherlich gibt es im Bereich der Gastronomie schöne Seiten, aber sind wir doch mal ehrlich – wer einen Verwandten oder Bekannten in der Ausbildung Restaurantfachfrau/-mann, Koch/Köchin, Kellner/Kellnerin oder anderen Gastronomieberufen hat oder hatte, der kennt die Seiten, die es der Branche erschweren Nachwuchs zu bekommen und weiß, dass die schönen Seiten in einigen Betrieben eher unter den Tresen fallen.
Ich freue mich über jeden Menschen, der den Weg in die Gastronomie einschlägt und dort auch seine „berufliche Heimat“ findet. Dennoch habe ich es nach wie vor im Bewusstsein, wie es auch anders sein kann. Angefangen bei Arbeitszeiten wo bewusst Jugendliche 7, 9 oder 14 Tage am Stück arbeiten müssen, da nicht ausreichend Personal vorhanden ist, Schichten von 10 oder mehr Stunden erfolgen (teilweise ohne wirkliche Pausen), weiter über Chefetagen und Vorgesetzte, die eine harte, nicht gerade wertschätzende Ausbildung durchlaufen haben und nach wie vor der Meinung sind, dass das der Weg ist Nachwuchs auszubilden, bis hin zu Ausbildern, die auch nicht davor zurückschrecken verbale und / oder körperliche Gewalt anzuwenden.
Die Branche hat ein Nachwuchsproblem, das unterschreibe ich sofort! Und man kann sicherlich auch eine demotivierte, perspektivlose und auf Handys fixierte Jugend ins Rennen schicken, aber wie sagt man immer so schön? „Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken.“ Bedeutet, dass ein schnelles Umdenken in den Köpfen der Ausbilder/-innen stattfinden muss! Die Nachwuchskräfte müssen, wie es anscheinend bei Fiona Ganahl der Fall ist / war, abgeholt werden. Sie müssen motiviert und begeistert werden, was nur gelingt, wenn die Personen im Ausbildungsbetrieb selbst motiviert und begeistert sind. Es muss wieder geschafft werden, dass Beruf mit Berufung gleichgesetzt werden kann und nicht einfach der Gedanke vorherrscht, dass mit Auszubildenen günstige Arbeitskräfte gefunden werden, welche Personalengpässe ausfüllen und letztlich in ihren Berufstraum demontiert bekommen. Sicherlich spielen Arbeitszeiten und Bezahlung da eine wichtige Rolle. Für die Arbeitgeber sicherlich auch die Lohnnebenkosten. Letztlich sehe ich hier aber in erster Linie die Menschen gefordert, die ihre alten Einstellungen und Erfahrungen aus der eigenen Ausbildung als Benchmark sehen und mangels eigener Entwicklungsfreudigkeit versuchen diese auf Auszubildene zu übertragen. „Wer gute Mitarbeiter/-innen haben will, der muss selbst sehr gut im Umgang mit diesen sein!“
Umso mehr freut es mich, von Menschen wie Frau Ganahl zu lesen. Ich möchte auch noch deutlich machen und klarstellen, dass viele Gastronomiebetriebe bereits neue Wege gehen und wertschätzend mit Auszubildenen umgehen. Leider sind es aber die einzelnen Betriebe, die ihre Ausrichtung und Vorgehensweise nicht überdenken, adaptieren und / oder neu ausrichten wollen, die der Branche im Punkt Nachwuchs massiven Schaden zufügen. Ich persönlich besuche keinen Gastronomiebetrieb ein zweites Mal, wenn ich bemerkte oder mitbekomme, dass
Auszubildene auf den
Perfektionismus gedrillt und den wirtschaftlichen Erfolg der Inhaber dressiert werden. Mir persönlich sind mindestens zwei Köche bekannt, die es geschafft haben, ambitionierte und talentierte Nachwuchskräfte in der Gastronomie systematisch zu demontieren und diese wieder aus dem Beruf getrieben haben.
Thomas Kornetzki, Bildstein