„Gewalt geht alle an!“

Jede vierte Frau ist seit ihrem 15. Lebensjahr von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen. Im Bild: Zwei junge Frauen der Sozialistischen Jugend.
Anlässlich des „Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen“ am vergangenen Freitag rückt WANN & WO das Thema in den Fokus. Denn auch in Vorarlberg ist Gewalt an Frauen und Mädchen trauriger und tragischer Alltag.
Häusliche Gewalt gilt weltweit als die häufigste schwere Menschenrechtsverletzung und eines der größten Gesundheitsrisiken für Frauen. Für viele Betroffene sei das eigene Zuhause kein Ort der Geborgenheit, sondern der Gefahr, sagt Angelika Wehinger von der ifs-Gewaltschutzstelle: „Jede vierte Frau ist ab ihrem 15. Lebensjahr von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen. Frauen, die in Gewaltbeziehungen leben, sind meist verschiedenen Formen von Gewalt ausgesetzt. Die Dynamik, die sich in solchen Beziehungen entwickelt, zeichnet sich durch emotionale Abhängigkeiten, Herabwürdigungen, Isolierung, Zwang und Bedrohung aus. Der Selbstwert der Betroffenen wird oft zerstört. Frauen trauen sich manchmal gar nicht mehr, eigenständige Entscheidungen zu treffen und das Leben alleine zu bewältigen.“
Vielen sei die eigene Situation auch gar nicht bewusst, fügt Lea Putz-Erath, Geschäftsführerin von „femail“ hinzu: „Viele Frauen sind Gewalt ausgesetzt, die sie als solche gar nicht erkennen. Sie werden von ihrem Partner wiederholt erniedrigt oder in ihren Sozialkontakten massiv eingeschränkt. Frauen wenden sich in diesen Fällen wegen anderer Fragestellungen an uns und erst im Beratungsgespräch wird klar: Das dahinterliegende Problem ist Gewalt. Schwierig ist, dass unerkannte Gewalt nicht gestoppt werden kann und sich die Gewaltspirale weiter negativ entwickelt.“
16 Tage gegen Gewalt an Frauen
„Gewalt an Frauen ist kein individuelles Problem, sondern Teil gesellschaftlicher Strukturen, die Gewalt an Frauen begünstigen“, betont Angelika Wehinger. Deshalb brauche es „eine bewusste Auseinandersetzung mit traditionellen Männer- und Frauenbildern, um das Machtungleichgewicht zu überwinden und Gewalt zu reduzieren.“ Putz-Erath ergänzt: „Im Bereich der Geschlechtergerechtigkeit als Voraussetzung für Gewaltfreiheit sehen wir enormen Handlungsbedarf. ,Das Private ist Politisch‘ ist in diesem Zusammenhang aktueller denn je.“
Um das Bewusstsein dafür zu stärken, finden unter dem Motto „Orange The World – 16 Tage gegen Gewalt“ jährlich weltweit Aktionen statt – auch in Vorarlberg. Doch reicht das aus? „Nein, aber die 16 Tage tragen dazu bei, für das Thema zu sensibilisieren. Gewalt gegen Frauen sollte das ganze Jahr über uneingeschränkt gesellschaftliche Ächtung erfahren,“ so Wehinger.

A. Wehinger

L. Putz-Erath