Was behindert die Liebe?

Die sexuelle Selbstbe- stimmung von Menschen mit Beeinträchtigung wird in der Gesellschaft oft nicht respektiert. Ein Recht darauf hat aber jeder.

Wenn wir von Sexualität sprechen, geht es um mehr als nur Geschlechtsverkehr. Es geht um Kommunikation, Zuneigung, Zärtlichkeit, Intimität und noch vieles mehr. Sexualität ist ganz individuell. Susanne Gstettner, Lehrerin an der Kathi-Lampert-Schule, ist auf Behindertenarbeit spezialisiert. Sie betont: „Für Menschen mit Beeinträchtigungen ist dieser Weg erschwert.“ In unserer an Leistung und unrealistischen Schönheitsidealen orientierten Gesellschaft finden Menschen mit Behinderung nur schwer PartnerInnen. Sie erleben Ausgrenzung. „Wer keine Möglichkeit hat, Sexualität zu leben, gerät in Not und kann depressiv oder aggressiv werden“, so Susanne.

Abgrenzung zur Prostitution

„Die Angebote einer aktiven Sexual
begleiterin oder eines aktiven Sexualbegleiters unterscheiden sich von den Diensten Prostitutierter.“ SexualbegleiterInnen lernen in ihrer Ausbildung medizinische und pädagogische Inhalte, Feinfühligkeit, den Umgang mit eigenen Grenzen, Selbstreflexion oder auch Psychohygiene. „Die Angebote von aktiven SexualbegleiterInnen sind zum Beispiel sinnliche Körpererfahrungen, erotische Massage oder Hilfe bei der Masturbation.“

Rechtliche Lage in Vorarlberg

In Ländern wie Holland ist aktive Sexualassistenz erlaubt. In Österreich bieten diese Dienste ausgebildete SexualbegleiterInnen an. Gesetzlich geregelt ist dieser Beruf durch das Sittenpolizeigesetz. Dieses Gesetz ist Landesrecht ist, weshalb es im Bundesländervergleich Unterschiede gibt. Während in Wien oder im Burgenland das Angebot längst existiert, ist es in Vorarlberg immer noch Tabuthema. „Bedarf gibt es aber auch im Ländle.“, so Susanne. Eine gesetzliche Veränderung könnte vielen Menschen ermöglichen, ihre Sehnsüchte und Bedürfnisse zu stillen. Auch die Übergriffe an Betreuer-
Innen könnten damit verhindert werden. Mit ihrer langjährigen Tätigkeit als Begleit-
erin und Unterstützerin von Menschen mit Beeinträchtigung, ist sie sich sicher: „Professionelle Sexualbegleiterinnen sind dringend notwendig.“
Fotos: DPA, Kathi-Lampert-Schule.