Kinderbilder im Netz – moralisch vertretbar?

Eltern stellen vermeintlich harmlose Bilder ihrer Kinder ins Internet, ist das aber so unbedenklich wie vermutet wird? WANN & WO hat recherchiert.
Es fängt oft schon im Babybauch an: Die werdenden Eltern können es kaum erwarten, ihr kleines Baby willkommen zu heißen und knipsen die ersten Babybauch-Bilder. Einige von diesen Bildern landen im Netz, schon bevor das Kind auf der Welt ist.
Aus einer Studie im Jahr 2020 von Saferinternet.at geht hervor, dass jährlich rund 37 Millionen Bilder und Videos von österreichischen Kindern im Netz zu finden sind. Dabei werden die abgebildeten Kinder immer jünger. Das Recht auf Privatsphäre und Anonymität, welches zu den Menschenrechten zählt, wird den Kindern ohne Mitspracherecht aberkannt. Die Gefahr, denen die Kinder ausgesetzt sind, ist nicht kleinzureden. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese von Fremden ausgeht oder ob sie sich im späten Alter durch Mobbing und Ausgrenzung bemerkbar macht.
Influencer-Babys als Geldquelle
Seitdem man als Influencer leicht Geld verdienen kann, kommen Menschen auf die kuriosesten Ideen, um Likes, Follower und vor allem Geld zu verdienen. Nicht selten schaffen es auch so genannte „Influencer-Moms“ mit ihrem Alltag als Mama Reichweite zu generieren. Was dabei die meisten Follower interessiert: Die Kinder, die auf den Bildern und Videos abgebildet sind. Meist handelt es sich auf den ersten Blick um harmlosen Content, jedoch sind diese Kinder fremden Menschen ausgesetzt, die diese Bilder im Prinzip auch illegal weiter verwenden können. Besonders kritisch wird es, wenn die Kleinen von vermeintlich fremden Followern auf der Straße wiedererkannt und im schlimmsten Fall auch angesprochen werden.
Moralisches Dilemma
Ob es aus moralischer Sicht vertretbar ist, Kinder im Netz zu präsentieren? Darüber kann man sich streiten. Es ist jedoch eine Überlegung Wert, bevor man sein Kind dem Internet aussetzt. Wenn die Würde des Kindes nicht geachtet wird, ist dies durchaus ein moralischer Verstoß. Laut Martin Fellacher, dem Leiter der PINA GmbH, müsse den Eltern bewusst sein, dass die Bilder, die im Netz landen, schwer wegzubekommen sind. Eltern seien in der Verantwortung, nichts tun, was ihren Kindern später schaden kann. Bilder im Netz können durchaus zum Verhängnis werden, vor allem, weil das Internet für gewöhnlich nicht vergisst.
Foren bieten Aufklärung
Weil das Netz durchaus ein gruseliger Ort sein kann, bieten zahlreiche Foren und Internet-seiten ihre Hilfe an. Eltern können sich mit diesen Tipps nicht nur selbst schützen, sondern auch ihren Kindern den Umgang mit sozialen Netzwerken erleichtern. Eine hilfreiche Internetseite ist dabei www.saferinternet.at: Zu verschiedenen Themen bleibt keine Frage unbeantwortet. Es ist wesentlich einfacher, Kinder zu schützen, wenn man sich als Erwachsener mit dem Medium auskennt. Fellacher betont, dass Eltern viel aufmerksamer sein müssen, was ihre Kinder online machen. Die Kinder und Jugendlichen würden sich sogar über diese Art von Aufmerksamkeit freuen. Die Gefahr, fremden Menschen online zu begegnen, ist groß und die Möglichkeit, anonym zu bleiben, verstärkt diese umso mehr. Aus diesen Gründen sollten Eltern ein besseres Auge darauf werfen.

„Gefahr vor Fremden“
„Ich zeige das Gesicht von meinem Sohn nicht auf Social Media. Nichts geht über seine Sicherheit. Ein Fremder könnte mein Kind erkennen und auf der Straße ansprechen. Im schlimmsten Fall könnte es mitgehen. Man weiß nicht, was mit den Bildern im Netz passiert. Trotzdem muss jeder selbst entscheiden.“ Sabrina, Influencerin

„Sehr problematisch“
Ich bin Mutter eines kleinen Sohnes und muss sagen, dass ich nur Bilder von ihm hochladen würde, auf denen man sein Gesicht nicht erkennt. Die Gefahr, dass die Bilder von Fremden missbraucht werden, ist mir zu groß. Ich kläre ihn auch darüber auf, damit er weiß, was Sache ist.
Jana, Mutter aus Hohenems

Eltern wickeln Kind aus Spaß in Frischhaltefolie
Eltern haben auf TikTok ein Video gepostet, auf dem sie ihr Kind aus Spaß in Folie gewickelt haben. Das Video sorgte jedoch nicht für einen Lacher, sondern Entsetzen bei den NutzerInnen. Die Eltern behaupten, das Kind habe währenddessen gelacht, dies empfinden die ZuschauerInnen jedoch anders. Nach dem „Shitstorm“ folgte dann auch ein Besuch von der Polizei. Das Kind wurde vom Jugendamt abgeholt und einen Tag später in die Obhut der Eltern zurückgegeben. Das junge Paar kündigte eine Auszeit von Social-Media an.

„Sharenting“
Der Begriff „Sahrenting“ leitet sich von dem englischen Begriff Parenting ab und beschreibt das Phänomen, wenn Eltern die Bilder ihrer Kinder öffentlich zugänglich machen. Dabei stellen sie ihre Kinder in Alltagssituationen dar, ohne auf die Perspektive des Kindes zu achten. Fotos: Shutterstock