Erinnerung an meinen Freund Reini Aberer …

Harald Kloser und Reini Aberer.

Harald Kloser und Reini Aberer.

… WANN & WO-Gründer, Lehrer, Konzertveranstalter und Immobilienmakler.

Von Harald Kloser

7. Mai 2023. Ich sitze in Rom an der Mauer des Vatikans, warte auf ein Taxi und blicke auf die Sixtinische Kapelle und dahinter auf die Kuppel des Petersdoms. Die Hinteransicht, nicht die, die man von den Postkarten kennt. Ein paar schleimige Souvenirläden mit heiligem Krimskrams. Da klingelt mein Handy:

Lieber Reini, das ist der Moment, an dem mir deine Tochter Sarah eine E-Mail schickt mit der Überschrift „Traurige Nachricht aus Vorarlberg“. Oh nein! Bitte nicht. Wir hatten uns ganz viele Jahre aus den Augen verloren, und ich wollte schon lange nochmal mit dir reden. Mich für ein paar Sachen entschuldigen, vielleicht noch mal ein Bier im Schlosskaffee trinken und die alten Geschichten aufwärmen.

Du und ich waren viele Jahre unzertrennlich. Leicht war’s nicht immer, du warst oft depressiv, heute würde man sagen bipolar, und ich hab’s nicht verstanden. Aber ohne dich wäre ich mit Sicherheit immer noch in Vorarlberg und würde von der weiten Welt nur träumen. Du hast diese Sehnsucht nach etwas Größerem, Wichtigem in unseren Herzen angefacht, diese Gewissheit, das kann doch noch nicht alles sein. Später dann war auch noch der Baschi (Hansjörg Baschnegger) ein bisschen so drauf, aber hauptsächlich du.

Zurück zu dir, in die Hauptschule Hohenems-Markt. Bist mir gleich aufgefallen und zwar wegen deinem eigenartigen Gang. Hat jedoch eine Zeit gedauert, bis mir klar war, was es war, das dich beim Gehen so verloren und verletzlich aussehen hat lassen. Normalerweise schwingen Leute beim Gehen die Arme und Hände entgegengesetzt zu den Beinen. Linkes Bein vor, rechter Arm zurück und so weiter. Du allerdings warst ein Parallelschwinger beim Laufen, wie man in V zum Gehen sagt. Hat manchmal ein wenig hilflos ausgesehen, aber auch ziemlich intellektuell, ein Professor mit Zielrichtung.

Und sorry, die Frisur war auch nicht hip. Aber das, was du gesagt hast, das war hip. Unerwartet von einem mit Lehrerhemd und Schnürlsamthose mit Bügelfalten. Überraschend extrem von einem, der so konservativ daherkommt.

Als wir dann feststellten, dass wir die einzigen Musiklehrer an der Schule waren, hatten wir bald unseren ersten Hit in der Vorarlberger Medienlandschaft.

Nein, noch nicht
das Wann & Wo

Wir organisierten einen Schülerchor für ein Weihnachtskonzert, auf freiwilliger Basis, am Freitagnachmittag um 16 Uhr. Die verschissenste Stunde im ganzen Stundenplan. Und mit diesem Chor, der bald über 40 Schüler hatte, die voller Begeisterung meine an Klavier und Gitarre begleiteten Spirituals, inklusive „Jingle Bells“ und „Kumbajah“ dreistimmig einstudierten, und als Kontrastprogramm, unter Leitung von Lehrer Aberer, den Kanon „Dona Nobis Pacem“ von W. A. Mozart mit Inbrunst durch die Schulgänge posaunten – mit diesem Chor hatten Aberer/Kloser ihren ersten Hit!

Direktor Joseph Giesinger platzte vor Stolz, die Eltern waren hingerissen von der Tatsache, dass ihre Kaugummi-automaten knackenden Rabauken vom zweiten Klassenzug an diesem Abend im Sonntagshäß, „Amen“ und „Rudolph The Red Nosed Reindeer“ vom Blatt sangen. Von den Noten wohlgemerkt! – Und zwar ziemlich gut. Und Reini‘s profimäßig exakte Interpretation Mozarts Kanon, bei dem alle „M“ am Ende von „Pacem“ wie ein Uhrwerk auf Reini’s Dirigenten-Abschwung auf die Hundertstel-Sekunde gleichzeitig verstummten – das war die Sahne auf dem Emser Weihnachtsstollen.

Applaus! Bravo! Euphorie.
Standing Ovations.

Am Montag standen unsere beiden Namen dann erstmals in der Zeitung! In der VN! Der Hammer! „… unter der gefühlvollen Leitung von den Lehrern Reinhard Aberer und Harald Kloser …“ Im ganzen Land über Nacht bekannt! Halt bei gewissen Lesern, die uns kannten.

Seitdem waren wir ein
ungleiches, aber
unzertrennliches Paar

Unser Hauptthema tagein, tagaus … eine Geschäftsidee muss her. Reini hatte schon eine, mit seinem Bruder zusammen, bevor wir uns kennenlernten. Eine Ente als Kühlerfigur à la Rolls Royce für den Citroën 2CV, damals Ente genannt. Im Endeffekt kein super Geschäft. Eine gelbe Vollgummi-Figur nach einer rustikal stilisierten Holzschnitzerei in gelben Gummi gegossen. Aber ab und zu kam einem ein 2CV mit gelber Ente entgegen. Dem folgte immer ein solidarischer Autofahrergruß der beiden Entenfahrer mit Kühlerfigur. Wenn nur die anderen gewusst hätten, dass sie es gerade mit dem Erfinder der Kühler-Ente zu tun gehabt hatten, hatte ich mir manchmal gewünscht.

Ich wollte immer Musik machen. Aber dafür reichte es noch nicht ganz. Da gab es viel Bessere. Clockwork! Die Superstars aus Vorarlberg. Reinhold Bilgeri, Heli Burtscher, Armin Egle, Reinhard Woldrich, Hermann Schartner. Rock’n’Roll-Götter.

Da hatte Reini die glorreiche, und leider manchmal kostspielige Idee: Wir könnten selber Konzerte veranstalten. Hallen mieten, Künstler und Bands nach Vorarlberg „locken“, Eintrittskarten drucken, Plakate aufhängen, Vorverkauf, und schon hatten wir unsere erste gemeinsame Geschäftsidee. Unser Repertoire startete mit dem Klavier-Duo „Marek und Vacek“, dann kamen Procol Harum, Alexis Korner, einmal sogar, in Co-Produktion mit Eagle Production and Vaduz der absolute Oberhammer – CAT STEVENS in der Rheinhalle, Lustenau. Noch viele andere … Ambros, Ludwig Hirsch, Vince Weber. Meistens kein Geschäft und oft mussten unsere Bausparbücher herhalten. Keine glorreichen Zeiten. Vom nächtelangen wilden Plakatieren in Reini’s 2CV mit Kühlerfigur von Reutlingen, über ganz Vorarlberg bis hinauf nach Ruggel und Vaduz ganz zu schweigen.

Und dann immer morgens um halb acht im Konferenzzimmer der Hauptschule Hohenems-Markt. Mit Lächeln und einem Schwung korrigierter Schularbeiten unterm Arm erschienen. Meine Schularbeiten wurden damals von einer lieben Freundin korrigiert, die sowieso viel besser in Rechtschreibung und Grammatik war als ich. Die Noten habe ich allerdings selber gegeben. Ich hoffe, dieses Vergehen ist bereits verjährt, aber ich glaube, das System funktionierte wirklich gut, sogar viel besser, als wenn ich komplett übernächtigt irgendwelche Schularbeiten korrigiert hätte.

Aber dann wendete
sich das Blatt

Und zwar, weil Reini Aberer stinksauer auf die VN und auf die Neue wurde, weil sie ihm beide versprochen hatten, am Samstag, auf der Titelseite über unseren nächsten großen Veranstaltungs-Act zu berichten. Ich glaube, es war ein Konzert mit Ambros oder
Fendrich oder André Heller.

Der Samstag kam und weder in der VN noch in der NEUEN stand ein Wort über unsere Veranstaltung. Eine Blamage! Und eine finanzielle Katastrophe!

„Dann machen wir halt unsere eigene Zeitung.“

Zitat Reinhard Aberer

Zur Erinnerung: Damals gab es keine Gratis-Zeitungen. Nirgends. Wir waren die Ersten. Die Verrückten! Eine
Zeitung an alle Haushalte, finanziert mit Inseraten. Mit je 5000 Schilling Eigenkapital von Reini und mir. Eine Zeitung umsonst?! Die spinnen komplett!

Den Titel hatten wir ziemlich schnell. Entweder: RHEINTAL EXPRESS oder WANN & WO. Aus heutiger Sicht ein Volltreffer! Der Schriftzug kam von Ender Werbung. So wie er heute noch aussieht. Wir waren ein wenig stutzig: Kann das wirklich so simpel und einfach sein? Aus heutiger Sicht: JA! Dann kam die Rechnung von Ender Werbung. 30.000 Schilling.

Damit waren die zehntausend Startkapital weg, und wir hatten zwanzigtausend Schulden. Reini’s Vater war Direktor der Raiba Hohenems und gab uns einen Kredit, für den er selber bürgte. Jetzt ging’s ums Überleben. Meine Eltern waren immer gegen alles bis zum
heutigen Tag.

Was jetzt kommt,
wissen nur Reini und ich

Unsere einzige Chance zum Start war, wenn wir vor Weihnachten rauskommen würden. Drei Wochen Zeit! Wir brauchten Inserate. Danke, danke Fritz Suter Möbel, Autohaus Blaser, Die Tobelwirtin … und, und, und! Wir brauchten eine Druckerei. Firma Teutsch, Bregenz. Angebot eingeholt. Alles klar. Wird gemacht. Wir brauchten Inhalt – alles geschrieben von Reini (Auto-Tipps, Haar-Tipps, Veranstaltungs-Tipps) und Harald (Musik, Filme, selbsterfundene Horoskope). Und viele geklaute Artikel und Fotos aus anderen Zeitungen vom Kiosk über der Grenze.

Wir brauchten die Österreichische Postverwaltung als Vertrieb – „An einen Haushalt“ p.b.b.

Und hier begann die Saga sondergleichen. Gratis-Blätter gelten nicht als Zeitungen und kosten im Vertrieb das Vierfache, und in Überlastungszeiträumen der Post können diese bis zu drei, vier Tage verspätet zugestellt werden. Das Todesurteil für unser erstes Wann & Wo mit all den vielen Weihnachts-angeboten. Die natürlich drei Tage nach Weihnachten für unsere Inserenten völlig wertlos waren.

Also. Wie wird aus einem Gratis-Blatt eine Zeitung, die von der Post zum günstigen Zeitungstarif und mit der zeitlichen Priorität einer Tageszeitung zugestellt wird? Unmöglich! Sagt wer? Nicht Reini Aberer.

Was jetzt folgt, sind fünf Schultage in der Hauptschule Hohenems-Markt, am Ende derer die erste Ausgabe von Wann & Wo in allen Briefkästen Vorarlbergs, rechtzeitig für Weinachten landen wird. Als offizielle Zeitung, an einen Haushalt. b.b.b

Reini besorgte sofort das Österreichische Mediengesetz im Landesarchiv. Dann zwanzig Minuten Funkstille. Dann: „He, da gibt es ein paar Ausnahmen im Zeitungsgesetz!“ Und die gab es wirklich. Genau drei Ausnahmen für eine zeitgerechte Verteilung und zum günstigen Zeitungstarif.

1. Eine staatlich anerkannte

 Kirche. NO GO!

2. Kandidaten bei der Wahl    zum Bundespräsidenten. NO

3. Eine Politische Partei zum    Zwecke der Wahlwerbung.

HALT! „Wie viele Mitglieder braucht eine Partei bei der Gründung?“ Reini las nochmal genau, und laut und langsam … Wir trauten unseren Ohren kaum. Ein Bundesparteiobmann, ein Bundesparteisekretär, ein Finanzsekretär und eine unbestimmte Anzahl an Parteimitgliedern. UNBESTIMMTE ANZAHL!

Die Partei wurde noch am selben Tag Mithilfe von Dr. Gerold Hirn gegründet.

VORARBERGER KULTUR UNION. Förderung von Kultur und Veranstaltungen, ausgewogene Medienberichterstattung, alles möglich, was mit Konzerten und Veranstaltungen zu tun hatte. Bundesparteiobmann Kloser, Bundespartei-sekretär Aberer, Finanzsekretär Dr. Gerold Hirn. Und ein paar Mitglieder. Das wars. Partei gegründet.

Gerold Hirn begrüßte Reini noch jahrelang in jedem Lokal – „Grüß Gott, Herr Bundesparteisekretär“. Unsere VKU war damals eine von insgesamt sechs (!) politischen Parteien in Österreich.

Nun mussten die Parteistatuten verfasst werden, diesmal eine lange Nacht Mithilfe von Gerhard Winder und Arnulf Häfele und dem „Best-of“ aus dem SPÖ-Parteiprogramm.

Dann mussten die Statuten in einer periodisch erscheinenden österreichweiten Zeitung veröffentlicht werden. Wieder halfen Gerhard Winder und Arnulf Häfele und entschlossen sich zur sofortigen Herausgabe einer Sonderausgabe von SPÖ HEUTE. Irgendwo auf Seite 5 waren die Statuten der neuen Partei VKU (Vorarlberger Kulturunion) abgedruckt.

Geschafft

Jetzt die Nacht durchfahren, um die VKU vom Innenminister als neue Partei bestätigen zu lassen. Hohenems-Wien in fünf Stunden. Sofort am Morgen die Sekretärin des Ministers bezirzen, bitten auf Knien einen Termin mit dem Minister zu bekommen. Wir hatten alles dabei:

 Parteigründungsprotokoll

 Parteistatuten

 Veröffentlichung in einer

 periodischen Zeitung

Bitte, bitte, den Stempel
vom Herrn Minister!

Die Sekretärin lief ins Ministerzimmer und kam eine halbe Stunde später mit einer Urkunde heraus.VORARLBERGER KULTUR UNION, VKU. Verfassungsrechtlich genehmigte politische Partei, mit Sitz in Hohenems, Mohrengasse 1, Reini‘s Elternhaus.

Versiegelt mit dem Wappen der
Republik und der Unterschrift von
Bundesinnenminister Erwin Lanc.

GOD BLESS DIE SPÖ!

Dann zurück zum Musikunterricht in der Hauptschule. Dreimal einschlafen am Steuer auf der Westautobahn.

Dann ab die Post nach Innsbruck zu Postdirektor Albertini. Stempel drauf und zurück zur Matheschularbeit.

Dann noch mehr Artikel schreiben. Selbsterfundene Psycho-Tests, Witze aus alten Witzbüchern, Auto-Tests aus England. Grippe-Tipps. Und natürlich unser großes Interview mit Tone Innauer und Lipburger auf dem Titelbild.

Headline: Daumendrücken für die fliegenden Wälder. Reini war immer gut mit Schlagzeilen!

Geschafft. Nein!

Jetzt ruft mich Reini an und sagt, er säße gerade mit der Geschäftsführung der Druckerei Teutsch (die Druckerei der NEUEN), und die hätten gerade beim Durchblick der Druckunterlagen des WANN & WO festgestellt, es handle sich hier ja um eine Zeitung, also ein Konkurrenzprodukt ihres Hauptkunden der NEUEN, und es sei ihnen untersagt worden, die Produktion von WANN & WO durchzuführen. Mittwochabend. Samstag sollte W&W in den Briefkästen sein.

Fucking Shit!

Seit Montagfrüh auf den Beinen.
Reini kam der Kaffee bei den Ohren raus. Damals gab‘s kein Koks, zumindest wir Hauptschullehrer hatten keinen Zugang, und Red Bull gab‘s auch noch nicht.

Also mit den 100 Kilo schweren Bleisatz-Seiten, bereits fertig zum Druck wieder auf die Autobahn, um eine Rotationsdruckerei zu finden, die in wenigen Stunden 61.000 Wann & Wo drucken könnte, bis Donnerstagfrüh.

Ab nach Innsbruck. Anklopfen Tiroler Tageszeitung, sorry nein. Salzburger Nachrichten, gleiche Absage.

Aber dann um zwei Uhr nachts in Linz, der Herr Knaidinger von den Ober-österreichischen Nachrichten sagte: JA! Allerdings können sie die sogenannten Klischees für die Fotos nicht rechtzeitig herstellen.

Wieder Endstation! Diesmal war das Rennen verloren. Und was sollen wir bloß dem Direktor Giesinger in der Hauptschule erzählen. Wir haben sechs Tage nicht geschlafen und waren zweimal in ganz Österreich unterwegs, haben unzählige Stunden geschwänzt und müssen jetzt einfach einmal ausschlafen?

In diesem Moment schickte uns der Himmel einen Engel aus Lustenau. Von einer Telefonzelle rief Reini mitten in der Nacht bei Fischer Klischee in Lustenau an. Ein kleiner Familien-betrieb. Übrigens der Papa vom heutigen Lustenauer Bürgermeister. Good guys! Amazing guys! Fünf Stunden Fahrt, später servierte Papa Kurt Fischer Lustenauer Most und ratterte alle unsere Fotos für unsere Wann & Wo-Ausgabe eins in einer Nacht durch seine Säurebäder. Und dann wieder ab nach Linz und direkt in die brandneue, superschnelle Rotationsdruckmaschine von Herrn Knaidinger, Geschäftsführer der OÖ Nachrichten. Good guys! Amazing!

In vollkommener Trance starrten Reini und ich auf’s Laufband als die erste Wann & Wo daher schoss. Dann hunderte, tausende! Ein Glücksmoment wie bei der Geburt eines Kindes.

Ich glaube, Reini und ich und Herr Knaidinger machten einen Freudentanz. Die Zeitungen wurden blitzschnell gestapelt, geschnürt und auf Lkws verladen.

Über 61.000 Wann & Wo – mehr als die VN und die NEUE.

Dann nochmal nach Hohenems – Zombi-Unterricht, seit Montag nicht geschlafen. Ja, das ist möglich! Und dann ins Bett – bewusstlos. Reini Aberer und ich.

Timecut

Dann kam die coole Zeit. Wann & Wo war was. Konzerte, Umweltschutz. Wir waren die erste deutschsprachige Zeitung, die den Ausdruck „Saurer Regen“ druckte. Die Alleen in ganz Vorarlberg und in Wien (Idee von Sigi Hämmerle). Die erste Misterwahl (Idee von Rainhard Wirth). Der erste Talente Wettbewerb der Welt! Kein Scherz, all die RTL-Shows und Britain has Talent gab es damals noch nicht. Und dann unser Herzensprojekt S.O.S. United mit dem vereinigten Kinderchor der Hermann Gmeiner-Kinderdörfer. Die rollende Wann & Wo-Disco. Auf die Waage fertig los, wer verliert am meisten Kilo. Das Sherlock Holmes Pub in Dornbirn. Lieder am See – Fendrich, Wecker, Melanie und Arlo Guthrie.

Und jede Woche der beinharte Kampf um die Inserate. Und die redaktionellen Geschichten, die nur WIR hatten und sonst keiner. Unsere legendären Interviews. (Konzept vom Playboy geklaut) Kreisky, Wiesental, Udo
Proksch, Landeshauptmann Kessler, Edda Zumtobel, Sasha Barineff, Alfred Worm, Hermann Gmeiner, Bruno Pezzey, Hansi Larcher, André Heller, Robert Bösch … endlos … Ach und da war noch unser Gassenfeger: Die Geschichte unseres Lotto-Millionärs FRANK S. Aber darüber ein andermal.

Menschenskind Reini Aberer,
wir waren schon wilde Hunde

Kein Wunder, dass dir der ganze Wahnsinn dann ein wenig zu viel wurde. Du wolltest ja immer schon ein seriöses Immobiliengeschäft betreiben und hast dich dann entschlossen, mit Didi Eberle und seinen jungen wilden Architekten die ersten verdichteten und heute historischen Gemeinschafts-Wohnprojekte zu verwirklichen. Eines der ersten gleich neben der Berufsschule am Strand von Lochau. Auch dies hast du noch auf die Beine gestellt.

Und dann hatte unser Lauf ein Ende. Beide Firmen, Wann & Wo und die Aberer Immobilien, waren circa gleich liquid oder marod, je nach Tages-geschehen, und wir teilten uns unsere Unternehmen per Handschlag. Ich übernehme das Wann & WO und du die Aberer-Immobilien.

Und da endet dann auch unsere verrückte Geschichte ziemlich bald. Reini baute und plante Projekte, und ich fuhrwerkte mit dem Wann & WO umeinander, bis ich mich entschloss, an Eugen Russ zu verkaufen, um nach Amerika zu gehen, um mein Glück zu versuchen. So wie du mir immer gesagt hast, Reini Aberer.

Und dann haben wir uns aus den Augen verloren. Nicht einfach so. Sondern weil wir beide sture Hunde und beleidigte Leberwürste waren. Und dann war immer länger nichts mehr, kein Anruf oder keine Zeit, und dann lief uns die Zeit davon. Scheiße, ich
Idiot! Es tut mir so leid, dass ich es nicht öfter probiert hab.

Und jetzt bist du einfach weg. Aber Mann, du hast ziemliche Spuren hinterlassen in diesem Land. Fast von Hohenems nach Götzis – da stehen deine Bäume. Dass der Alte Rhein nicht einfach abgebaggert wurde, verdanken wir unserer Blockade und deinem Anruf beim Landeshauptmann. Ich vermisse unsere Zeit, und jetzt, da du von uns gegangen bist, vermisse ich alle meine schönen und auch anstrengenden Momente mit dir, lieber Reini.

Ich hab auf meiner eigenen Lebenliste auf meinem iPad noch ein, zwei Sachen, für die ich gerne noch einmal Sorry gesagt hätte, Reini, und dich um Entschuldigung gebeten hätte. Damit bin ich jetzt leider zu spät.

Aber vielleicht kann ich das dann doch noch bei deinen lieben Töchtern Sarah und Isabelle loswerden.

Rest in Peace, lieber Reini, und bring dem Petrus ein paar deiner super Geschäftsideen und deiner Schlagzeilen mit. In alter Liebe und liebevoller und auch ein wenig wehmütiger Erinnerung. Dein Partner in crime.

Harald Kloser,
Rom, 15. Mai 2023

<p class="caption">Die erste „WANN & WO“-Ausgabe von 1977.</p>

Die erste „WANN & WO“-Ausgabe von 1977.