Familienparadies Wien?

Linda, Thomas und ihre drei Kinder. Familie Mehofer geht liebend gerne in Schönbrunn ­spazieren. Fotos: Daniel Willinger

Linda, Thomas und ihre drei Kinder. Familie Mehofer geht liebend gerne in Schönbrunn ­spazieren. Fotos: Daniel Willinger

WANN & WO-Serie „­Vorarlberg goes Vienna“: Warum Linda Mehofer aus Lustenau ihre Kinder lieber in Wien als in Vorarlberg großzieht.

Groß, grau und gefährlich – so stellen sich viele Vorarlberger die Bundeshauptstadt vor. Linda Mehofer (39) kann über dieses Klischee nur lachen. Die gebürtige Lustenauerin lebt gemeinsam mit ihrem Mann Thomas (44) und ihren drei Kindern (5, 3, 1) in Rudolfsheim-Fünfhaus, dem ärmsten Bezirk der Stadt. „Hier fehlt uns gar nichts! Es ist ja auch nicht so, dass in Vorarl-berg überall Hasen herumlaufen oder einem die Vögel entgegen fliegen, wenn man die Tür aufmacht“, gibt Mehofer in breitem Lustenauerisch zum Besten. Den Beschluss, ihre Kinder in Wien großzuziehen, hat die Angestellte nie bereut. Grund dafür ist nicht nur die gut bezahlte Arbeit des Paares – einer solchen könnten sie in Vorarlberg auch nachgehen. Stattdessen schätzt sie, dass hier Arbeit, Familie und Freizeit vereinbar sind. „Ich bekomme von meinen Bekannten und Verwandten den Eindruck, dass das in Vorarlberg so nicht möglich ist“, kritisiert die Wahl-Wienerin.

Karrierebewusste Mutter

2012 zog die Lustenauerin nach Wien und begann beim Technologieunternehmen Frequentis zu arbeiten. Dort lernte sie auch Thomas, ihren heutigen Mann kennen. Die beiden arbeiten immer noch für dieselbe Firma, welche sie auch als durchaus familienfreundlich wahrnehmen. „Bei uns gehen viele Männer in Karenz. Als Familie kommen uns auch die flexiblen Arbeitszeiten zugute“, schwärmt die Mutter, die 30 Stunden pro Woche arbeitet. Auch ihr Mann, der im Management tätig ist, konnte seine Stunden von 55 auf 40 pro Woche reduzieren. Der 39-Jährigen ist es sehr wichtig, dass sie arbeiten und damit ihrer eigenen Karriere nachgehen kann. „Als ich selbst noch im Kindergarten war, ging meine Mutter wieder arbeiten. Damals war das gar nicht schick. Jetzt ist sie aber sehr froh über ihre eigene Pension”, betont Mehofer.

Die Kinder lernen Englisch

Bereits mit einem Jahr begann ihr Sohn in die Kinderbetreuung zu gehen. Diese ist in Wien wesentlich günstiger und besser ausgebaut als in Vorarlberg. „Meine Kleinen sind meistens von 9 bis 15 Uhr in einem mehrsprachigen Kindergarten, wo sie Mittag essen und sogar Englisch lernen“, erklärt die Angestellte. Ein Platz kostet die Familie 170 Euro im Monat. Für ein vergleichbares Angebot muss man in Vorarlberg ca. 300 bis 450 Euro ausgeben. Außerdem haben die Mehofers eine Babysitterin angestellt, zu der die Familie eine enge Beziehung pflegt. Sogar Weihnachten haben sie schon zusammen verbracht.

Mit den Kindern durch
die Stadt radeln

Die Familie wohnt in einer Dachgeschosswohnung im 15. Bezirk. Das Haus, samt großem Innenhof, teilen sie mit vielen anderen jungen Familien. „Wir sind eine starke Gemeinschaft und helfen alle zusammen. Es heißt ja, dass man ein Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen. Hier haben wir unseres gefunden“, schwärmt Mehofer. Andere Mütter mögen, ob sie wollen oder nicht, mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Für die Lustenauerin ist es hingegen ein wichtiges Anliegen, die gemeinsamen Stunden mit ihren Kindern intensiv zu nutzen. „Wir haben ein Lastenfahrrad, in dem alle Kinder Platz haben. Dann radeln wir gemeinsam ins Naturhistorische oder Technische Museum, aber auch nach Schönbrunn. Städtetrips machen wir auch sehr gerne“, hebt die 39-Jährige hervor.

In Lustenau ist es wie
am Wiener Gürtel

Drei bis viermal pro Jahr fährt die Familie nach Lustenau. Fast vier Wochen werden sie diesen Sommer dort verbringen. Während die Familie in Wien fast jede Strecke mit dem Fahrrad zurücklegt, ist ihr das in ihrer alten Heimat zu gefährlich. „Lustenau ist so verkehrsgeplagt. Wenn wir aus dem Haus gehen halten sich meine Kinder die Ohren zu, weil die vorbei rauschenden LKWs so einen Lärm machen. Es ist wie am Wiener Gürtel“, beklagt die Angestellte, und hält damit ihrer alten Heimat einen Spiegel vor. SV

Linda und Thomas in der „­großen, grauen und gefährlichen” Stadt.

Linda und Thomas in der „­großen, grauen und gefährlichen” Stadt.

Zur Person: Linda MehoferAlter: 39 JahreWohnort: Wien, aufgewachsen in LustenauBeruf: Angestellte und Mitglied des Kernteams von „Women at Frequentis“Ausbildungen: Marienberg, Matura an der VHS GötzisFamilie: Verheiratet mit Thomas Mehofer (44), drei Kinder (5, 3 und 1)

Zur Person: Linda Mehofer

Alter: 39 Jahre

Wohnort: Wien, aufgewachsen in Lustenau

Beruf: Angestellte und Mitglied des Kernteams von „Women at Frequentis“

Ausbildungen: Marienberg, Matura an der VHS Götzis

Familie: Verheiratet mit Thomas Mehofer (44), drei Kinder (5, 3 und 1)

«Hier fehlt uns gar nichts! Es ist ja auch nicht so, dass in Vorarlberg überall Hasen herumlaufen oder einem die Vögel entgegen fliegen, wenn man die Tür aufmacht.» Linda Mehofer über ihre Wahl-Heimat Wien