Österreichisches Kulturgut Korruption

WANN & WO hat Journalist Florian Klenk (50) und Kabarettist Florian Scheuba (58) in der Poolbar getroffen und mit ihnen über ihr Programm „Sag du, Florian“, Korruption und die „Boulevard-Republik“ Österreich gesprochen.
WANN & WO: Ihr Programm heißt „Sag du, Florian – was ist jetzt schon wieder?“. Was ist denn jetzt schon wieder?
Florian Klenk: Immer was Neues. Immer wenn wir auftreten, gibt es einen neuen Ton, den wir spielen dürfen. Wir haben beim Falter gerade das Protokoll des Herrn Schrems veröffentlicht, in dem er über die Korruption der Kronen Zeitung berichtet. Dass der Dichand (Hans Dichand, ehemaliger Krone-Herausgeber, Anm.) gesagt haben soll, man watscht die Minister vier Tage her, dann sind sie wieder brav und zahlen Inserate.
Florian Scheuba: Das ist schwarze Erziehung …
Florian Klenk: … türkise Erziehung. Rote Erziehung, rote Pädagogik (lacht). Und so haben wir jedes Mal ein neues Aktenstück, das wir vortragen.
WANN & WO: Trotzdem wiederholen sich die Elemente immer wieder …
Florian Klenk: Es kommen die gleichen Figuren immer wieder vor. Es ist eine ewige Korruptions-Soap, weil immer wieder einer durch die Drehtür kommt – oder aus dem Häfen.
Florian Scheuba: Es gibt ein Grundpersonal.
Florian Klenk: Wie bei der Lindenstraße, nur, dass es die Ballhausstraße ist. Oder der Ballhausplatz.
WANN & WO: Wie schafft man es da, nicht den Überblick zu verlieren?
Florian Klenk: Wer Harry Potter liest, der weiß auch, was im letzten Teil vorgekommen ist. Dann tauchen die Figuren wieder auf.
WANN & WO: Ein Teil Ihres Programms ist der „Korruptions-Jazz“. Wonach klingt der?
Florian Scheuba: Nach der Realität, der „Sound of the street of Austria“.
Florian Klenk: Nach dem Klingeln von Ohrringen … Er hat einen scharfen Geruch. So nach Parfum, nach Pomade, Haargel, ein bisserl russischer Oligarchenduft, nach Gas. Ein bisserl nach Glücksspielhalle, nach Tschick, nach Unterwelt. Und ein bisserl nach Häfen, so ein Häfengeruch. Also eigentlich alles da.
WANN & WO: Sie erfinden die Geschichten, die Sie erzählen ja nicht. Wie weh tut das?
Florian Scheuba: Humor ist eine Form der Notwehr und gleichzeitig auch eine gute Möglichkeit, Menschen etwas zu vermitteln. Durch Humor verankert es sich eher und die Menschen können die Dinge besser verstehen.
Florian Klenk: Und weitererzählen. So verbreiten wir die Korruption der Republik seit einigen Jahren.
WANN & WO: Kommt Vorarlberg im Programm gut davon?
Florian Scheuba: Korruptionsmäßig seid ihr schon auf der Landkarte. Das letzte Mal, als wir da waren, da war die Causa Wirtschaftsbund mit den Inseraten ganz frisch. Aber in letzter Zeit ist nicht viel vorgekommen.
Florian Klenk: Wir haben eine schöne Vorarlberggeschichte über BZÖ-Jacken, die hier entsorgt wurden. Da sind zehntausende irgendwo gebunkert, auf irgendeiner Deponie vergraben.
WANN & WO: Wer liefert Ihnen das beste Material?
Florian Klenk: Das Meiste ist von der WkSta. Die besten Sachen kommen vom Herrn Schmid – die Festplatte ist unendlich, der Strache, sein Handy ist auch nicht schlecht, und die Karmasin hat uns viel geliefert.
Florian Scheuba: Es bietet sich auch immer wieder an, Politikerzitate zu verwenden. Wenn der Nehammer sagt, die ÖVP hat kein Korruptionsproblem, dann ist das lustig.
WANN & WO: Bei so viel Korruption – muss man sich ab und zu schämen, Österreicher zu sein?
Florian Scheuba: Nein. Das sollte man nicht verklären. Es sind vielleicht gewisse Formen und Umgänge spezifisch österreichisch. Aber Korruption als Geschäftsmodell in der Politik, da war Berlusconi der Erste, der das in der jüngeren Vergangenheit eingeführt hat. Und Orbán hat es perfektioniert. Es gibt Leute, die dem auch in Österreich nacheifern wollen. Österreich gibt vielleicht viel her, weil unfreiwillig komische Elemente enthalten sind.
Florian Klenk: Die Korruption bei uns ist auch sehr schön in der Volksprosa, sie wird in den Chats und Telefonaten in einer wunderschönen Sprache dargelegt. „Wo war mei Leistung“, „Du bist die Hure der Reichen“, Ich geb‘ dir alles, was du willst“, das ist derartig schön, es ist literarisch wertvoll.
WANN & WO: Stichwort Boulevard und Inserate, schreibt sich die Politik rein, was sie will?
Florian Klenk: Nein, so ist das nicht. Sondern das, was wirklich verheerend ist, ist, dass das eine Marktverzerrung ist. Die Boulevard-Medien werden so gemästet, dass daneben wenig Platz hat. Von daher haben wir eine komplett versaute Medienkultur.
Florian Scheuba: Den Begriff der Boulevard-Demokratie gibt es schon länger. Das Spannende an der jetzigen Zeit ist, dass das möglicherweise aufbricht.
WANN & WO: Auf Dauer?
Florian Klenk: Ich bin eher pessimistisch mittlerweile.
WANN & WO: Wie gehen wir da jetzt positiv raus?
Florian Klenk: Positiv ist, es ändert sich schon etwas. Der Kurz ist nicht mehr Kanzler, der Blümel nicht mehr Finanzminister, die Kneissl …
Florian Scheuba: Stell dir vor, die Kneissl wäre jetzt Außenministerin!
Florian Klenk: … der Strache wird angeklagt … Da ist schon was passiert, das bleibt nicht spurlos. Schauen wir mal, ob es in Schuldsprüchen endet.

«Ich glaube, Tageszeitungen kommen noch mehr unter Druck. Die wenigen Qualitätsmedien haben es total schwer. Jetzt werden, im Schwall der Inseratenkorruption, Regierungsinserate generell in Frage gestellt, was tatsächlich viele Medien umbringen wird. Und die Parteien bauen eigene Kanäle auf. Sehr starke Kanäle. Und die reinigende Kraft der Presse schwindet.»
Falter-Chefredakteur Florian Klenk über die Zukunft der österreichischen Medienlandschaft.«Das Beste, das Erstaunenswerterste ist das, was der Thomas Schmid gesagt hat. Das ist ein 1160 Seiten-Akt, bei dem wirklich erstaunlich ist, was der Mann alles erzählt hat.»
Kabarettist Florian Scheuba darüber, wer das interessanteste Material liefert.«Es hat begonnen mit einem kleinen Gespräch in einem Hotel. Da haben wir gemerkt, dass die Leute zum Lachen anfangen, wenn man aus den Akten vorliest.»
Journalist Florian Klenk über die Anfänge des Kabaretts.Herr Klenk,
wieviele ...
... Stunden verbringen Sie durchschnittlich im Nightjet?
Das kommt darauf an, ob ich nach Vorarlberg fahre. Ich bin jetzt dreimal Nachtzug
gefahren. Und dreimal
eingefahren. Nightmare-Jet.
... Seiten geheime Akten
beinhaltet Ihr Programm?
Sicher viele tausend. Wir zitieren nicht aus allen, aber sie sind in uns hineinverwachsen.
... Stunden twittern Sie?
Ganz unterschiedlich, kommt darauf an, ob ich im Zug sitze.
Zu viele.
... „Normaldenkende“ kennen Sie?
Wir sind alle Normaldenker.