„Ich musste lernen, dass ich nicht alles besser weiß“

Dorothee Bernhard ist die Patronin der Champagner-Bar „Frau Bernhard“. ­Früher hätte sie sich nicht vorstellen können, einmal als Wirtin tätig zu sein. Jetzt brilliert sie als Gastgeberin. Fotos: Glanzl; Steer
Dorothee Bernhard ist die Patronin der Champagner-Bar „Frau Bernhard“. ­Früher hätte sie sich nicht vorstellen können, einmal als Wirtin tätig zu sein. Jetzt brilliert sie als Gastgeberin. Fotos: Glanzl; Steer

Dorothee Bernhard (39) aus Bregenz fand nach einer Karriere als Werberin in Wien eine neue Berufung als Wirtin. In dieser Rolle ist sie mehr als einmal über ihren Schatten gesprungen.

„Zwei ältere Herren, die seit 35 Jahren in der gleichen Straße leben, haben sich bei mir im Lokal kennengelernt!“, schwärmt Dorothee Bernhard (39) mit heiterer Stimme. Die gebürtige Bregenzerin lebt seit 20 Jahren in Wien, wo sie nach einer Karriere in der Werbebranche eine neue Berufung als Gastgeberin fand. Jetzt führt sie gemeinsam mit ihrem Partner Marc Oberngruber (49) zwei Lokale in der Bundeshauptstadt. Das auf Mittagessen ausgerichtete „Mimi im Stadtelefant“ und die kleine Champagner-Bar „Frau ­Bernhard“.

Den Mitarbeitern vertrauen

Die neue Rolle motivierte die Quereinsteigerin mehr als einmal über ihren Schatten zu springen. „Ich musste lernen, dass ich nicht alles besser weiß. Es gibt Leute, die wirklich besser wissen, was gut ist. Ich habe aber auch bemerkt, dass meine intuitiven Entscheidungen bei den Gästen gut ankommen“, gesteht Bernhard. Dabei wirkt sie mehr stolz als verlegen. Ein Blick auf die Speisen im „Frau Bernhard“ genügt, um das zu verstehen. Denn hier kocht Radek Simecka (30), der sein halbes Leben in der gehobenen Gastronomie verbracht hat. Bernhard ist überglücklich, den Koch an ihrer Seite zu haben. Daher lässt sie Simecka freie Hand in der Menü-gestaltung und ermöglicht ihm, nur vier Abende pro Woche arbeiten zu müssen.

Champagner ist angesagt

Die Wirtin trinkt gerne Champagner und interessiert sich auch für die Traditionen dessen Ursprungs-region. Das alleine hat die Wahl-Wienerin aber nicht bewogen, sich auf den noblen Schaumwein zu spezialisieren. Vielmehr realisierten sie und ihr Partner, dass in den meisten Wiener Lokalen die gleichen Marken zu überhöhten Preisen verkauft werden. Um sich davon abzuheben, versuchen die Gastronomen, unterschiedlichste Champagner zu besseren Preisen anzubieten. Mit diesem Ansatz waren sie während der Eröffnung 2018 nicht alleine, aber Bernhard störte das nicht: „Ich freue mich über alle, die in eine ähnliche Richtung schwimmen wie ich.“ Auch während der Pandemie gingen die Wirte ihren eigenen Weg. So konnte man ihre Lokale nur besuchen, wenn man genesen oder geimpft war und einen negativen PCR-Test vorweisen konnte. Damit wollte die Wirtin mögliche Cluster vorbeugen und den Gästen eine entspannte Atmosphäre ermöglichen. „Ich war eine strikte 2G+ Wirtin. Inzwischen wissen wir aber, dass die Impfung leider nicht so super funktioniert, wie wir alle gehofft haben. Außerdem wissen wir jetzt auch, dass die Auswertung der PCR-Tests oft länger dauert als die Inkubationszeit lang ist. Wahrscheinlich würde ich jetzt nicht mehr so streng sein und einen sanfteren Weg wählen. Ich glaube aber immer noch nicht, dass uns wer angelogen hat“, erklärt Bernhard.

„Ja, das war hart“

Erst kürzlich soll sie mit einem Bekannten gesprochen haben, der regelmäßig an Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen teilgenommen hat. „Mit dem rede ich nie wieder“, hat sich die Wahl-Wienerin gedacht. Auf einem Geburtstagsfest kamen sie aber doch wieder ins Gespräch. Unter Tränen berichtete ihr der Mann, dass er nicht an der Schulvorstellung seiner Tochter teilnehmen durfte. „Ja, das war hart“, erinnert sich die Wirtin zurück.

«Ich war eine strikte 2G+ Wirtin. Inzwischen ­wissen wir aber, dass die Impfung leider nicht so super ­funktioniert, wie wir alle gehofft haben.» Dorothee Bernhard

Frau Bernhard ist überglücklich, den Spitzenkoch Radek Simecka (30) an ihrer Seite zu haben.
Frau Bernhard ist überglücklich, den Spitzenkoch Radek Simecka (30) an ihrer Seite zu haben.
Wunderschön angerichtet und ein Gedicht im Geschmack: Rindfleisch mit Schwarzwurzel, Champignons und Hollandaise.
Wunderschön angerichtet und ein Gedicht im Geschmack: Rindfleisch mit Schwarzwurzel, Champignons und Hollandaise.

«Ich war eine strikte 2G+ Wirtin. Inzwischen ­wissen wir aber, dass die Impfung leider nicht so super ­funktioniert, wie wir alle gehofft haben.» Dorothee Bernhard